Martha Ossmer wurde am 22. Mai 1924 in Bremen geboren. Marthas Vater Christian war Arbeiter in einer Holzfabrik. Marthas Mutter Bertha war Hausfrau. Später bekam Martha noch zwei jüngere Schwestern, Elfriede und Käthe. Marthas Geburt war sehr schwer, es traten Komplikationen auf und sie musste mit der Geburtszange geholt werden. Weil der Schädelknochen durch die Zange deformiert worden war, drückte der Arzt den Schädel gewaltsam wieder zurück. Hierbei wurde wahrscheinlich Marthas Gehirn stark beschädigt. Die Folge war, dass Martha eine geistige Behinderung hatte. Sie konnte nicht sprechen, lernte erst spät laufen, konnte keine Treppen steigen. Bei vielen alltäglichen Dingen, wie beim Essen und dem Toilettengang, brauchte Martha Hilfe. Diese bekam sie auch von ihren Schwestern.
Ärzte rieten den Eltern immer wieder, Martha in ein Heim zu geben. Aber die Eltern wollten das nicht. Die Familie half sich gegenseitig, z. B. bei der Betreuung der Kinder und feierte gemeinsam Feste, wie Weihnachten. Martha war immer mit dabei. Sie ging nie auf eine Hilfsschule, sondern wurde immer von der Familie betreut.
Manchmal war Bertha mit der Pflege ihrer Tochter stark überlastet, hin und wieder schämte sie sich wohl auch für Marthas Behinderung. Dennoch blieb Martha bis ins 21. Lebensjahr auch durch die Unterstützung der Schwestern zu Hause. Erst durch die Bombardierungen durch die Alliierten entstand für die Familie eine Überforderung. Am 18. Juli 1944 wurde Martha in eine Nervenklinik in Bremen eingewiesen. Da dort kein Bett mehr frei war, wurde Martha am 23. Juli 1944 in die Lüneburger Heil- und Pflegeanstalt gebracht.
Der Vater besuchte Martha mindestens zweimal. Er brachte ihr einen Kuchen mit, den sie ganz schnell aufgegessen haben soll. Die Familie hatte da schon das Gefühl, dass Martha zu wenig zu essen bekam. Sie bekam über viele Monate hinweg zu wenig Nahrung. Am 18. April 1945, am Tag der Befreiung Lüneburgs durch die britischen Soldaten, starb Martha in der Anstalt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde sie durch Medikamente getötet. Die offizielle Todesursache lautete: »Grundleiden: Idiotie. Nachfolgendes Leiden: Erschöpfung.«
Martha Ossmer im Alter von vier Jahren auf dem Schoß ihres Vaters Christian, 1928.
Privatbesitz Elfriede Thölken, geb. Ossmer.
Käthe und Elfriede Ossmer, Weihnachten 1933.
Privatbesitz Elfriede Thölken, geb. Ossmer.
Martha Ossmers Grab, August 1945.
Privatbesitz Elfriede Thölken, geb. Ossmer.