Bernhard Filusch

Bernhard Filusch wurde am 21. November 1941 auf der Fahrt in das Städtische Krankenhaus Lüneburg geboren. Nach der Geburt wurde festgestellt, dass ihm beide Füße und an der rechten Hand zwei Fingerglieder fehlten. Aufgrund dessen meldete ihn die Hebamme dem Gesundheitsamt. Der Amtsarzt empfahl der Mutter Emma Filusch Kontakt zum »Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden« in Berlin aufzunehmen. Die Eltern folgten dem Rat, da es ihnen nach eigener Aussage schwer fiel, sich um ihren Sohn zu kümmern. Der »Reichsausschuss« übernahm daraufhin die Pflegekosten für die Unterbringung in der »Kinderfachabteilung« der Heil- und Pflegeanstalt in Lüneburg. Die Mutter nahm an, dass es sich hierbei um ein Kinderheim handelte, in dem eine besondere Zuwendung möglich sei.

Am 5. Februar 1942 brachten die Eltern Bernhard in die Heil- und Pflegeanstalt, nachdem er nur wenige Wochen in seinem Elternhaus Auf dem Meere 29 verbracht hatte. Den Eltern fiel es zunächst schwer, die Fehlbildungen ihres Sohnes zu akzeptieren. Die Familie besuchte Bernhard jedoch regelmäßig und sah im Gegensatz zu den Ärzten eine progressive Entwicklung des Kindes. Als das Ehepaar Filusch nach einiger Zeit bemerkte, dass keine Therapien erfolgten, forderten sie seine Verlegung in ein Heim für Kinder mit Körperbehinderungen. Dies wurde jedoch vonseiten der Ärzte verweigert.

Die Pflegerin Dora Vollbrecht verabreichte Bernhard Filusch auf Anweisung des Arztes Willi Baumert eine Überdosis des Medikamentes Luminal, woraufhin er am 15. Juni 1942 im Alter von nur sieben Monaten starb. Er wurde auf dem Lüneburger Zentralfriedhof bestattet.

Dora Vollbrecht konnte sich in späteren Ermittlungsverfahren an die Tötung von Bernhard Filusch erinnern, da er durch sein fröhliches Wesen unter den Pflegerinnen sehr beliebt gewesen sei und ihr hierdurch im Gedächtnis geblieben war. Trotz ihres Geständnisses wurde das Ermittlungsverfahren der Lüneburger Staatsanwaltschaft wegen Mordes im Jahr 1981 eingestellt. Die Tatsache, dass Bernhard Filusch ein Opfer der »Euthanasie« ist, wurde den Eltern verschwiegen. Weder die Ärzte noch die zuständigen Krankenschwestern wurden jemals zur Rechenschaft gezogen. Bernhard Filusch ist eines der wenigen Kinder, dessen Ermordung erwiesen ist.

Ein Stolperstein erinnert seit 2005 vor der heutigen »Euthanasie«-Gedenkstätte auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik Lüneburg an Bernhard Filusch, geboren am 21. November 1941, ermordet am 15. Juni 1942. Ein zweiter Stolperstein erinnert seit 2019 an Bernhard Filusch vor seinem Elternhaus Auf dem Meere 29.