Käte, geboren am 18. August 1938, war die ältere der beiden. Sie war ein Jahr und fünf Monate älter als ihre kleine Schwester Erika, geboren am 18. Januar 1940. Sie kamen beide gebürtig aus Masendorf im Landkreis Uelzen. Ihre Eltern waren der Landarbeiter Karl und seine Frau Martha Frieda.
Die Mädchen wurden gemeinsam am 15. Februar 1944 in die Lüneburger »Kinderfachabteilung« aufgenommen. Für beide – zum Zeitpunkt der Aufnahme in Lüneburg erst vier und fünfeinhalb Jahre alt – war die Lüneburger Anstalt nicht die erste Einrichtung. Zuvor waren sie in der Pestalozzistiftung in Großburgwedel untergebracht. Beiden wurde attestiert, sie seien nicht erziehungs- und bildungsfähig.
Willi Baumert beurteilte Käte, sie sei ein ruhiges, freundliches und im Grunde genommen sogar altersentsprechend entwickeltes Kind. Sie verstand, was man ihr gesagt habe, habe auf ihre Umgebung Acht gegeben, sich zu beschäftigen gewusst und auch viel mit anderen Kindern gespielt. Zudem habe sie mit ihren fünfeinhalb Jahren schon bis zwanzig zählen können, alle Farben korrekt zugewiesen, einwandfrei zwischen links und rechts unterschieden und auf Bildern dargestellte Dinge und Ereignisse erklären können. Das einzige, was Baumert an ihr aussetzte, war ihr Hang zur Unordnung.
Am 14. Juli 1944 – Käte und ihre Schwester Erika waren inzwischen fünf Monate in seiner Obhut – empfahl Baumert daraufhin: »Für Schule geeignet.« Das rettete ihr Leben. Am 2. August 1944 wurde Käte in die Stiftung Eben-Ezer nach Lemgo verlegt. Sie war eines von insgesamt 16 Kindern, die an diesem Tag nach Lemgo aufbrachen.
Käte und Erika wurden nicht getrennt. Sie blieben zusammen, weil auch Erika durch Baumert eine wohlwollende Beurteilung erhielt. Erika war – so lässt es die Beschreibung von Baumert zu – ein vollständig gesundes Kind, deren einziger Makel es war, eine Mutter gehabt zu haben, die sich laut Aktenvermerk der Verwaltung nicht ausreichend gekümmert habe.
Erika war mit ihren viereinhalb Jahren das mit Abstand jüngste Kind, das von Lüneburg in die Stiftung Eben-Ezer verlegt wurde. Da Erika zum Zeitpunkt ihrer Weiterverlegung nach Eben-Ezer noch weit von der Schulreife entfernt war, drängt sich auf, dass es Baumert bei ihrer Verlegung auch darum gegangen war, die Schwestern nicht zu trennen. Eine Entlassung nach Hause zur Mutter oder aber in eine Pflegefamilie war hingegen für ihn – das ist offensichtlich – keine infrage kommende Alternative. Erika wurde trotz mangelnder medizinischer Indikation erst am 6. August 1951 aus Lemgo nach Hause entlassen. Kätes Verbleib ist ungeklärt.
Krankengeschichte Käte.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 2912.
»Für Schule geeignet.«
Krankengeschichte Käte.
NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 2912.