Olga Korsch kam am 25. Februar 1944 im Alter von 33 Jahren in die Heil- und Pflegeanstalt Oldenburg in Wehnen. Sie wurde am 15. Juli 1910 entweder in einem ukrainischen Dorf oder in der Stadt Kiew geboren. Die Angaben in der Krankengeschichte und im Sterberegister weichen diesbezüglich voneinander ab. Sie war Ostarbeiterin. Bei wem sie beschäftigt war, geht aus der Krankenakte nicht hervor, nur dass die Arbeitsstätte bei oder in Delmenhorst gewesen sein muss. Der sie einweisende Delmenhorster Arzt Dr. Kuhlmann begründete ihre Aufnahme in die Anstalt mit Platzmangel im Städtischen Klinikum. In Wehnen angekommen wurde Schizophrenie diagnostiziert, vor allem, weil Olga Korsch während ihres Aufenthaltes sehr unruhig blieb.
An ihrem 34. Geburtstag notierte der behandelnde Arzt: »Weitgehend körperlicher Verfall, infolge seit Monaten bestehenden schweren Erregungszuständen.« Ihr körperlicher Verfall wird vor allem aber auch mit mangelhafter Ernährung in Verbindung zu bringen sein. Bei der Aufnahme in die »Ausländersammelstelle« in Lüneburg wog die 1,76 m große Olga Korsch nur 50 kg und war damit deutlich unterernährt. Im Unterschied zu den Kollegen in Wehnen diagnostizierte man in Lüneburg keine Schizophrenie, sondern »periodische Manie«. Auch gelang es dem behandelnden Arzt in einem Gespräch mit einem Dolmetscher, persönliche Informationen über Olga zu erhalten.
Bei ihrer Aufnahme berichtete Olga Korsch, dass sie verheiratet sei und eine fünfjährige Tochter habe, die bei der Großmutter lebe. Sie sei zwei Jahre zur Schule gegangen, könne daher lesen und schreiben und habe zu Hause in einer Fabrik gearbeitet. Am 12. Januar 1945 wurde eingetragen, dass Olga Korsch in der Schälküche arbeite und keine Schwierigkeiten mache. Auch Anfang April 1945 blieb ihr Zustand stabil, sie sei sogar »Ganz guter Stimmung.«
Weil Olga Korsch im Grunde keine Auffälligkeiten mehr zeigte und nicht mehr krank schien, wurde sie sogar bei der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) in der Schule II in Lüneburg als Helferin »in Stellung gebracht«. Sie erhielt also außerhalb der Anstalt bei der Wohlfahrtsorganisation der NSDAP Arbeit als Flüchtlingshelferin. Damit sie dieser Aufgabe nachkommen konnte, wurde sie drei Wochen von der Station »beurlaubt«.
Am 28. April 1945, inzwischen hatten britische Truppen Lüneburg eingenommen, wurde sie von einer britischen Stabshelferin mit dem Auto zurück in die Anstalt gebracht und vor Haus 17 abgesetzt. Die Rückkehr in die Anstalt habe Olga Korsch mit Sehnsucht nach der Schälküche und Appetitlosigkeit außerhalb der Anstalt begründet. Am 1. Mai 1945 nahm sie daraufhin ihre Arbeit in der Schälküche wieder auf. Danach ging es ihr gesundheitlich wieder schlechter. Fast ein ganzes Jahr lang litt sie unter einer Manie.
Erst im April 1946 stabilisierte sich ihr Zustand kurzzeitig, es folgte eine lange Phase, in der sie jeglichen Kontakt ablehnte. Ende September 1946 wurde das erste Mal ein heftiger Husten in der Krankenakte vermerkt. Am 20. Oktober 1946 bestätigte sich, dass sie sich mit Tuberkulose angesteckt hatte. Auch war sie wohl wieder stark abgemagert. In den ersten Monaten des Jahres 1947 litt sie dann unter Fieberschüben, die erst im April nachließen. Im Juli 1947 war sie wieder »stets heiterer Stimmung, immer freundlich und höflich. Sehr hilfsbereit« und beschäftigte sich mit Näharbeiten. Im Juli und September 1947 konnten auch keine Tuberkelbakterien mehr nachgewiesen werden.
Ab Dezember 1947 verschlechterte sich ihr psychischer Zustand jedoch wieder. Sie griff Mitpatientinnen an, verteilte Ohrfeigen, warf mit Gegenständen um sich. Ab Mai 1948 wurde auch ihr körperlicher Zustand schlechter. »Allg.[emeiner] Zustand in den letzten Wochen stark reduziert. P.[atient] ist recht hinfällig geworden, sieht sehr blaß aus. Temperatur fast dauernd erhöht, oft hochfiebrig«, notierte der Arzt Ende August 1948. Am 26. Dezember 1948 findet sich der Eintrag: »zunehmender Schwächezustand und Abmagerung. […] Herzinsuffizienz. Sehr kurzatmig. Geringe Nahrungsaufnahme.« Drei Tage später starb Olga Korsch im Alter von 38 Jahren. Die offizielle Todesursache lautete »doppelseitige Lungentbc.«