Adolf (Addo) Eisenhauer wurde am 17. Oktober 1928 in Dietrichsfeld im Kreis Aurich geboren. Sein jüngerer Bruder Hermann Eisenhauer wurde am 18. Juli 1930 geboren. Ihre Mutter Anna Susanna Eisenhauer war zum Zeitpunkt der Aufnahme ihrer beiden Söhne am 28. September 1942 bereits verstorben. Vermutlich wurden die Kinder spätestens nach dem Tod der Mutter durch die Großeltern Charlotte und Wilhelm Eisenhauer aufgezogen. Laut amtsärztlichen Gutachten seien die Kinder auch deswegen aus ihrer gewohnten Umgebung zu nehmen gewesen, weil die Großeltern die Pflege der Kinder aus Altersgründen nicht mehr hätten gewährleisten können.
Addo und Hermann Eisenhauer wurden in Haus 23 untergebracht. Sie blieben zusammen. Bei der ärztlichen Begutachtung während ihres Aufenthaltes ging es weniger um psychiatrische oder medizinische Aspekte als vielmehr immer wieder um Fragen ihrer Arbeitstauglichkeit. Es ging bei den jugendlichen Patientinnen und Patienten in der »Kinderfachabteilung« darum, in sogenannten »Arbeitsversuchen« zu testen, ob sie zur Arbeit brauchbar waren.
Addos Versagen in der Arbeitstherapie – er war 15 Jahre alt – kostete ihn letztendlich das Leben. Die letzten Einträge dokumentieren seinen rasanten körperlichen Abbau und seinen elenden Tod. Er starb am 16. März 1944 um 4.30 Uhr morgens. Mit Sicherheit war sein Bruder in seiner Nähe, als er ermordet wurde. Addo Eisenhauer wurde nicht auf dem »Kindergräberfeld« auf dem Anstaltsfriedhof bestattet, sondern in einem Erwachsenengrab, da zum Zeitpunkt seines Todes kein Kindersarg vorrätig war.
Es ist nirgends dokumentiert, wie Hermann die Ermordung des Bruders erlebte und verarbeitete, weshalb und wie es ihm gelang am Leben zu bleiben. Er gehört zu den rund 40 Prozent Kindern und Jugendlichen, die den Aufenthalt in der »Kinderfachabteilung« überlebten. Hermann blieb bis 17. Dezember 1954 Patient der Lüneburger Anstalt. Zu seiner Entlassung in eine Einrichtung nach Haina notierte der entlassende Arzt: »Er ist unehelich geboren, die Mutter ist tot, der Erzeuger unbekannt. Die Großeltern sollen noch in Dietrichsfeld leben. E. war anfänglich hier auf der Kinderstation und erwies sich als bildungsunfähig imbezill, selten eigensinnig, überwiegend gutartig und heiter. So ist er bis heute geblieben.«
Am 24. Juni 1964 wurde Hermann Eisenhauer in das Niedersächsische Landeskrankenhaus Göttingen verlegt. Dort starb er im Alter von 42 Jahren am 6. April 1973.
»Wir sind die alten Eltern von Addo und Hermann. Bitte geben Sie uns doch bald Nachricht darüber, was sie dort machen. […] Bitte, bitte laß die beiden ihrer Mama und Vater […] schreiben.«
Schreiben der Großeltern in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg vom 3.11.1942.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 233.
»Er ist unehelich geboren, die Mutter ist tot, der Erzeuger unbekannt. Die Großeltern sollen noch in Dietrichsfeld leben. E. war anfänglich hier auf der Kinderstation und erwies sich als bildungsunfähig imbezill, selten eigensinnig, überwiegend gutartig und heiter. So ist er bis heute geblieben.«
Notiz vom 14.12.1954 in Krankenakte von Hermann Eisenhauer.
NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 233.