Anna Wichern ist im Jahr 1896 geboren. Sie kommt aus Oster-Vesede. Das ist ein Ort bei Roten-Burg. Sie hat 5 jüngere Geschwister. Ihre Eltern sind Bauern. Sie haben einen eigenen Bauern-Hof.
Dann ist Anna 19 Jahre alt. Sie ist ohne Grund traurig. Und sie weint sehr viel. Und sie will nicht mehr leben. Sie hat eine seelische Erkrankung.
Die Familie kennt das. Der Vater von Anna hat auch diese Erkrankung. Er ist auch oft grundlos traurig. Weint viel und will nicht mehr leben.
In den Jahren 1916 und 1919 wird sie Patientin. In einer Anstalt in Lüne-Burg. Das ist ein besonderes Kranken-Haus.
Die Mutter betet zu Gott. Sie betet: Mach dass Anna wieder gesund wird. Mach dass sie wieder glücklich wird.
Sie betet meistens auf den Knien. Der Fuß-Boden geht kaputt davon. So oft betet die Mutter.
Dann wird Anna gesund. Sie kommt wieder nach Hause. 5 Jahre bleibt Anna gesund.
Dann wird sie wieder krank. Es ist schlimm. Ihr geht es sehr schlecht. Sie weint viel und will nicht mehr leben. Also kommt sie wieder in die Anstalt Nach Lüne-Burg. Diesmal wird sie nicht so schnell gesund.
Im Jahr 1941 wird sie verlegt. Sie wird ermordet. In der Aktion T4. In dieser Aktion werden viele Menschen ermordet. Das ist am 16. Juni 1941. In der Tötungs-Anstalt Hadamar.
Ihre Mutter bekommt einen Brief. Darin steht: Anna ist verlegt worden. Weil Krieg ist.
Aber das stimmt nicht. Sie wird verlegt weil man sie ermorden will. Als der Brief ankommt ist Anna schon tot.
Dann kommt ein zweiter Brief. Darin steht: Anna ist gestorben. An einer Lungen-Entzündung.
Das ist auch gelogen. Anna ist vergast worden. In der Tötungs-Anstalt Hadamar. Sie ist ein Opfer vom Patienten-Mord.
Die Mutter von Anna ahnt das. Darum behält sie den Brief. Es ist ein Beweis: Anna ist ermordet worden. In der Aktion T4.
Das ist die Sterbe-Urkunde von Anna Wichern.
Darin steht dass sie am 27. Juni 1941 in der Anstalt Hadamar gestorben ist.
Das ist ein Brief, den Annas Eltern bekommen haben.
Darin steht, dass Anna an Lungen-Entzündung gestorben ist.
Viele Menschen früher glauben: Es gibt richtige und falsche Menschen. Sie unter-scheiden Menschen in Rassen. So denken auch viele Wissenschaftler. Sie sagen: Es gibt gute und schlechte Rassen. Und es gibt gesunde und kranke Menschen.
Die guten Rassen und gesunden Menschen sollen sich vermehren. Nur sie sollen viele Kinder bekommen. Die schlechten Rassen und die kranken Menschen sollen keine Kinder bekommen. Sie sollen aus-sterben. Das nennt man Eugenik. Oder Rassen-Hygiene.
Eugenik gibt es früher nicht nur in Nazi-Deutsch-Land. Es gibt sie auch in anderen Ländern. In Dänemark und Norwegen. In Schweden und Finnland. Und in manchen Teilen der USA.
Im National-Sozialismus gibt es ein besonderes Gericht. Das heißt Erb-Gesundheits-Gericht. Am Erb-Gesundheits-Gericht gibt es immer 3 Richter. Der erste Richter ist eine Person die Recht gelernt hat. Der zweite und dritte Richter sind Ärzte. Ein Arzt hat immer eine Arzt-Praxis. Der andere Arzt arbeitet immer in einem Kranken-Haus. Oder im Gesundheits-Amt.
Bis zum Jahr 1940 ist Edzard Stölting der Richter. Danach über-nehmen andere das Amt des Richters. Die Ärzte am Gericht sind Haus-Ärzte. Und Nerven-Ärzte. Sie sind in der Stadt bekannt. Viele Lüne-Burger sind ihre Patienten.
Meistens ist auch der Anstalts-Direktor als Richter dabei. Er leitet die Anstalt in Lüne-Burg. Das ist ein besonderes Kranken-Haus. Der Amts-Arzt vertritt ihn wenn er keine Zeit hat.
Das Erb-Gesundheits-Gericht entscheidet: Der Mensch muss sterilisiert werden. Die Entscheidung heißt Urteil. Manche Menschen wehren sich gegen das Urteil. Sie wollen nicht sterilisiert werden. Sie legen Ein-Spruch ein. Das heißt sie sagen: Nein. Dann gibt es eine neue Verhandlung. Vor einem neuen Gericht. Vor dem Ober-Gericht in Celle.
Selten ist der Ein-Spruch erfolg-reich. Nur ganz selten sagt das Ober-Gericht in Celle: Die Menschen haben recht. Sie sollen nicht operiert werden.
Aber oft sagt das Ober-Gericht: Die Menschen sollen sterilisiert werden.
Ab 1936 entscheidet das Ober-Gericht: Auch arme Menschen dürfen sterilisiert werden. Oder un-verheiratete Eltern. Und Menschen die anders leben als die meisten.
Das Gerichts-Verfahren findet an verschiedenen Orten statt. Bei Patienten im Kranken-Haus. In ihrem Kranken-Zimmer.
Bei allen anderen in einem Gericht. Das ist in Lüne-Burg in einem Schloss. Da ist heute auch noch ein Gericht. Das ist am Markt-Platz. In der Nähe vom Rat-Haus.
Auch die Gerichts-Verfahren des Ober-Gerichtes finden da statt. Bei Kranken-Haus-Patienten auf der Kranken-Station. Dafür kommt der Richter aus Celle angereist. Es finden oft mehrere Verfahren an einem Tag statt. Dann lohnt sich die Reise für den Richter.
Christine Sauerbrey ist im Jahr 1889 in Gröpelingen geboren. Das ist ein Teil von Bremen. Sie hat 7 Geschwister. Ihr Vater ist Schneider-Meister. Sie macht einen Volks-Schul-Abschluss. Dann lernt sie Schneiderin. Bei ihrem Vater. Da ist sie 13 Jahre alt.
Dann ist sie 17 Jahre alt. Sie turnt. Das macht sie bei einer Firma. Bei der Firma arbeitet auch Johann. Sie lernen sich kennen. Sie verlieben sich und heiraten. Sie bekommen 4 Töchter. Da ist Christine erst 22 Jahre alt.
Die Eltern von Christine finden das nicht gut. Sie sagen: Du bist zu jung. Johann passt nicht zu dir. Er hat auch eine andere politische Meinung. Er kämpft für Arbeiter-Rechte. Er kämpft gegen Armut. Er kämpft gegen Reiche.
Und er macht das auch mit Waffen und mit Gewalt. Das ist im Jahr 1918. Das ist die November-Revolution.
Alle die mitmachen werden verhaftet. Johann kommt nicht ins Gefängnis. Er versteckt sich in Moskau. Das ist die Haupt-Stadt von Russ-Land.
Christine ist ganz allein mit den 4 Kindern. Und sie wird verhaftet. Die Polizei will wissen: Wo hat sich Johann versteckt? Christine ist viele Wochen in Schutz-Haft. Das ist ein Gefängnis-Aufenthalt ohne Gerichts-Urteil.
Christine bricht zusammen. Sie schafft das alles nicht mehr. Sie hat keine Kraft und wird krank.
Sie kommt in ein besonderes Kranken-Haus. In eine Nerven-Klinik in Bremen. Das ist im Jahr 1924. Der Arzt sagt: Christine hat Realitäts-Verlust. Johann kommt aus Moskau zurück. Er will sich nicht um Christine kümmern. Er reicht die Scheidung ein.
Sie kommt in eine andere Anstalt. 2 Jahre später kommt sie wieder zurück. In die Nerven-Klinik Bremen. Aber da kann sie nicht bleiben. Im Jahr 1939 kommt sie in die Anstalt nach Lüne-Burg.
Sie ist nur 3 Jahre in Lüne-Burg. 1941 wird sie verlegt. In die Aktion T4. Sie wird am 16. Juni 1941 vergast. Sie ist ein Opfer vom Patienten-Mord.
Ihre 4 Töchter bekommen einen Brief. Darin steht: Christine Sauerbrey ist an einer Körper-Schwäche gestorben. Das ist eine Lüge. Sie wurde ermordet.
Die Töchter wollen die Asche von Christine beerdigen. Sie wird in einer Urne nach Bremen geschickt. Sie wird auf dem Haupt-Fried-Hof beerdigt.
Im Jahr 2013 bekommt Christine einen Stolper-Stein. Er liegt in Bremen vor ihrem Wohn-Haus. Die Enkel wollen das. Es war ihr Wunsch. Es gibt eine Gedenk-Feier. Da sind auch die Ur-Enkel dabei. Christine soll nicht vergessen werden.
Paul Hausen ist im Jahr 1917 geboren. Mit 17 Jahren will er Sex haben. Das Mädchen ist jünger. Und sie will kein Sex mit ihm haben. Alles fliegt auf.
Zur Strafe kommt Paul in ein Heim in Hannover. Und er soll un-frucht-bar gemacht werden. Ärzte denken dass er gefährlich ist. Sie denken er ist ein Verbrecher. Weil er mit einem jüngeren Mädchen Sex haben wollte.
Das Gericht entscheidet: Pauls Penis und seine Hoden müssen weg. Dann kann er auch keinen Sex mehr haben. Außerdem muss Paul in eine Anstalt. Er darf nie wieder raus. Es ist wie ein Gefängnis.
Paul wird operiert. Man nimmt ihm den Penis und die Hoden ab. Er wird darüber sehr traurig. Er wird davon krank.
3 Jahre in der Anstalt vergehen. Nun bekommt er die Diagnose: Realitäts-Verlust.
Alle mit dieser Erkrankung sollen ermordet werden. In der Aktion T4. Auch Paul wird ermordet. Er wird in die Tötungs-Anstalt Hadamar verlegt. Dort wird der vergast. Das ist am 21. Mai 1941. Er stirbt mit 23 Jahren. Er ist ein Opfer der Aktion T4.