De-Zentrale Euthanasie Lüneburg

Auch in Lüneburg gibt es De-Zentrale Euthanasie.
Auch in der Anstalt in Lüneburg werden Patienten ermordet.
Mit Medikamenten.
Und durch Hunger.
Und durch Tuberkulose.

Diese Gruppen waren in Lüneburg:

Patienten aus einer Anstalt aus Hamburg.
Sie kommen nach Lüneburg.
Und viele werden ermordet.

Patienten aus dem Ausland.
In der Ausländer-Sammel-Stelle.

Erwachsene Patienten mit Behinderungen.

Jeder vierte Patient stirbt in der Lüneburger Anstalt.
Das ist sehr viel.
Das ist viel mehr als vor dem Krieg.
Der Mord hört auch nach dem Krieg nicht auf.
Die De-Zentrale Euthanasie hört erst im Sommer 1946 auf.
Da ist der Krieg schon über 1 Jahr vorbei.

Viele 100 Patienten aus Lüneburg werden plan-wirtschaftlich verlegt.
Das heißt:
Man braucht Platz in der Anstalt.
Darum müssen viele Patienten weg.
Nachdem die Aktion T4 schon vorbei ist.
Jetzt werden sie verlegt.
In die De-Zentrale Euthanasie.

Sie kommen wieder in die Anstalt Hadamar.
Die ist in Hessen.
Oder in das Konzentrations-Lager Neuen-Gamme.
Das ist in Hamburg.
Oder in die Anstalt Pfafferode.
Das ist in Thüringen.
Oder nach Meseritz-Obra-Walde?
Das ist in Polen.
Bei der letzten Anstalt ist das nicht sicher.
Aber Hadamar, Neuen-Gamme und Pfafferode sind sicher.
Viele Patienten werden dort ermordet.
Diesmal nicht mit Gas.
Sondern mit Medikamenten.
Und durch Verhungern.
In Neuen-Gamme auch durch Zwangs-Arbeit.

Wir wissen nicht wie viele ermordet sind.
Das finden wir gerade heraus.

Psychiatrie vor 1933

Heute gibt es keine Käfige mehr.
Heute gibt es 2 verschiedene Kranken-Häuser.
1 Kranken-Haus für Menschen mit einer Krankheit im Körper.
1 anderes Kranken-Haus für Menschen mit einer seelischen Krankheit.
Dort bekommen die Menschen Hilfe.
Wenn die Familie es nicht mehr schafft.
Oder der Mensch zu krank ist.
Ärzte und Pfleger kümmern sich dann um den Patienten.

Die ersten Kranken-Häuser sind wie Gefängnisse.
Patienten werden eingesperrt.
Sie werden gefesselt.
Sie bekommen keine Medikamente.
Höchstens Drogen.
Es gibt viel Gewalt.
Das ist vor 200 Jahren.

Das finden viele nicht gut.
Sie sagen:
Nein!
Kranke müssen gut behandelt werden.
Sie müssen wie Menschen behandelt werden.
Nicht wie wilde Tiere.
Sie dürfen auch nicht gefesselt werden.
Keine Gewalt!
Das hat Erfolg.
In den Anstalten wird vieles anders.
Kranke werden kaum noch gefesselt.
Kranke werden ernst genommen.
Man hört ihnen zu.
Man behandelt sie nicht wie Tiere.
Oder eine Sache.

Nach dem Ersten Welt-Krieg ändert sich das.
Da gibt es die Idee:
Patienten soll man unterschiedlich behandeln.
Die schwer kranken sollen keine Kinder bekommen.
Nur die nicht so kranken Patienten soll man gut behandeln.
Oder die gesund werden.
Oder die nützlich sind.
Weil sie arbeiten können.
Alle anderen sollen sterben.
Man soll sie ermorden dürfen.
Ohne Strafe.

Das ist erst einmal nur eine Idee.
Von 2 Forschern.
Der eine ist Arzt.
Der andere ist Rechts-Gelehrter.

Aber alle sagen:
Die Idee ist Unsinn.
Das geht nicht.
Alle dürfen Kinder bekommen.
Und Patienten darf man nicht ermorden.

Aber kurz vor dem National-Sozialismus ändert sich das.
Plötzlich finden viele die Idee gut.

Psychiatrie nach 1945

Nach dem Krieg ändert sich vieles in Deutsch-Land.
Die Politik ist anders.
In den Ämtern arbeiten andere Menschen.
Die keine National-Sozialisten mehr sind.

In den Anstalten ändert sich nichts.
Anstalten sind besondere Kranken-Häuser.
Die Ärzte bleiben die-selben.
Die Pfleger bleiben die-selben.
Sie behandeln Kranke und Menschen mit Behinderung genauso wie im Krieg.

Erst viele Jahre später gibt es eine Arbeits-Gruppe.
Das sind Fach-Leute.
Sie sehen sich die Anstalten an.
Sie sagen:
Das ist falsch.
Sie sagen:
Das geht nicht.
Sie sagen:
Kranke und Menschen mit Behinderung müssen gut behandelt werden.
Sie sagen:
Kranke und Menschen mit Behinderung brauchen Hilfe.
Sie schreiben das auf.
In einem Bericht.

Danach gibt es neue Gesetze.
Darin steht:
In Anstalten muss es Menschen gut gehen.
Ihnen muss geholfen werden.
Sie müssen wie Menschen behandelt werden.

Viele Jahre vergehen.
Die Anstalten arbeiten viel besser.
Die Kranken und Menschen mit Behinderung werden besser behandelt.
Sie werden ernst genommen.
Sie haben Rechte.
Keiner wird verletzt.
Inzwischen werden Kranke und Menschen mit Behinderungen gut behandelt.

Nach dem Krieg ändert sich aber noch viel mehr.
Es gibt neue Medikamente.
Das sind sehr starke Mittel.
Viele Menschen finden diese Mittel schlecht.
Weil sie zu stark sind.
Andere finden diese Mittel gut.
Weil sie helfen.
Gegen Realitäts-Verlust.
Gegen Traurigkeit.
Gegen Angst.

Und es verändert sich noch mehr.
Nach dem Krieg.
Es wird auf-geschrieben was eine Krankheit ist.
Es geht nur um Krankheiten der Seele und des Gehirns.
Ärzte sammeln diese Krankheiten.
Sie schreiben sie in ein Buch.

Das Buch muss alle paar Jahre neu gemacht werden.
Wenn es neue Krankheiten gibt.
Das Buch wird immer dicker.

Gräber auf anderen Friedhöfen

Gräber auf anderen Fried-Höfen

Manche Leichen werden nach Hause geholt.
Von ihren Familien.
Es gibt dann eine Trauer-Feier.
Oder die Familien wollen gar nicht feiern.
Nicht mal der Name soll genannt werden beim Gottes-Dienst.

Diese Toten sind nicht auf dem Fried-Hof der Anstalt beerdigt.
Sondern zu Hause.
Auf einem anderen Fried-Hof.
In der Zeit des National-Sozialismus.

Darum ist die Zahl der Ermordeten und der Gräber nicht gleich.
Auf dem Kinder-Gräber-Feld.

Die Familien in Lüneburg entscheiden:
Mein totes Kind soll nicht auf dem Anstalts-Fried-Hof liegen.
Sondern auf dem Zentral-Fried-Hof.
In der Innen-Stadt.

Auf dem Zentral-Fried-Hof liegt auch ein Kind aus Hamburg.
Es wird in der Kinder-Fach-Abteilung ermordet.
Aber alle denken:
Es ist durch Bomben gestorben.
Darum darf es auf dem Zentral-Fried-Hof beerdigt werden.
Da liegen auch andere Bomben-Opfer.

Die Opfer der Aktion T4 werden verbrannt.
In einem Ofen.
Gleich 2 oder 3 Leichen auf einmal.
Nur wenige Familien sagen:
Wir möchten die Asche haben.
Dann wird die Asche in einem Gefäß nach Hause geschickt.

Die Asche der anderen Opfer der Aktion T4 kommt weg.
Sie wird auf Feldern verteilt.
Oder in einen Fluss gekippt.
Oder in eine Erd-Kuhle geschüttet.

Ein Grab bleibt 25 Jahre.
Länger nicht.
Danach wird es aufgelöst.
Außer es ist ein Grab von einem Opfer von Krieg und Gewalt-Herrschaft.
Dann sagt ein Kriegs-Gräber-Gesetz:
Das Grab darf für immer liegen bleiben.
Und es wird bepflanzt.
Und die Blumen werden gegossen.
Die Familien müssen das nicht bezahlen.

Aber die Familien wissen das nicht.
Sie wissen nicht:
Wir haben ein Mord-Opfer in der Familie.
Sie wissen nicht:
Das Grab fällt unter das Kriegs-Gräber-Gesetz.
Darum werden die Gräber von den Familien oft auf-gelöst.
Nach 25 Jahren.

Heute gibt es nur noch ganz wenige Gräber.
Von Opfern vom Patienten-Mord.
Sie sind auf Anstalts-Fried-Höfen.
Oder in Familien-Gräbern.

Das Kriegs-Gräber-Gesetz sagt:
Deutschland kümmert sich um alle Gräber von Krieg und Gewalt-Herrschaft.
Aber die müssen gemeldet sein.
Bis zum Jahr 1985.
Dann ist Schluss.
Dann darf kein weiteres Grab dazu kommen.

Aber die Familien konnten die Gräber nicht melden.
Bis zum Jahr 1985.
Sie wissen ja nicht:
Es ist ein Grab von einem Opfer.

Bis heute sind diese Gräber nicht sicher.
Sie können jederzeit auf-gelöst werden.
Und verschwinden.
Zum Beispiel wenn die Familie stirbt.
Oder kein Geld mehr hat es zu bezahlen.
Das ist ein Problem.
Und es ist nicht gerecht.
Denn:
Alle Gräber von Opfern von Krieg und Gewalt-Herrschaft sind doch gleich.

Ehren-Hain

Ein Ehren-Hain ist ein besonderes Grab.
Es ist ein Ehren-Grab.
Es soll den Toten besonders an-erkennen.

Im Jahr 1967 wird so ein Ehren-Grab ein-gerichtet.
Nicht für die Opfer vom Patienten-Mord.
Sondern für den Mörder.
Es ist der Arzt Rudolf Redepenning.

Er gibt den Patienten nicht genug zu essen.
Er hilft den Kranken und Schwachen nicht.
Er macht mit bei der Aktion T4.
Er schreibt falsche Kranken-Geschichten.
Damit besonders viele Patienten ermordet werden.
Und er ermordet Patienten aus dem Aus-Land.

Das Ehren-Grab ist von weitem gut zu erkennen.
Es gibt 2 große Baum-Reihen.
Am Ende gibt es einen Gedenk-Stein.
Und da-hinter steht ein sehr großes Holz-Kreuz.

Das Ehren-Grab ist neben den Gräbern von den Mord-Opfern.
Rudolf Redepenning wird direkt neben-an beerdigt.
Es gibt keine Rück-Sicht auf die Opfer.
Und auf ihre Familien.

Alle Opfer-Gräber sind noch da.
Als Rudolf Redepenning beerdigt wird.
Und seinen Ehren-Hain bekommt.
Es gibt noch keine Kriegs-Gräber-Stätte.
Und noch keine Gedenk-Anlage.

Sein Grab ist in der Mitte des Fried-Hofs Nord-West.
Es ist so groß und gewaltig.
Damit es alle sehen.
Rudolf Redepenning leitet das besondere Kranken-Haus.
Nach dem Zweiten Welt-Krieg.
Er verändert die Behandlung von Patienten.
Dafür bekommt er eine Aus-Zeichnung.
Das Bundes-Verdienst-Kreuz.
Dann stirbt er.
Und die Familie entscheidet:
Rudolf Redpenning soll ein Ehren-Grab bekommen.
Auch die Anstalt findet das gut.
Keiner denkt darüber nach.
Dass er ein Mörder ist.
Das will keiner wissen.

Redepenning bekommt seinen Ehren-Hain.
Und die Gräber seiner Opfer verschwinden.
Alles auf dem gleichen Fried-Hof.