Fried-Hof Nord-West

Fried-Hof Nord-West

Der Fried-Hof ist kurz vor Lüneburg.
2 Kilo-Meter weit weg von dem besonderen Kranken-Haus.
Dort werden Menschen beerdigt.
Früher gehört der Fried-Hof zur Anstalt.

Dort werden Patienten beerdigt.
Und Mit-Arbeiter der Anstalt.
Das passiert zwischen dem Jahr 1922 und dem Jahr 1982.
Seit dem Jahr 1985 gehört der Fried-Hof nicht mehr zur Anstalt.
Er gehört zur Stadt Lüneburg.

Jeder Patient bekommt ein Grab.
Darauf kommt ein Holz-Kreuz.
Darauf steht der Name.
Und die Nummer des Grabes.
Mehr nicht.
Erst viel später gibt es einen Grab-Stein.
Der ist klein.
So groß wie ein Blatt Papier.
Darauf steht auch nur der Name.
Und von wann bis wann jemand gelebt hat.

Die Beerdigung macht ein Pastor.
Pfleger der Anstalt tragen den Sarg.
Das ist die Holz-Kiste mit der Leiche.

Nur ganz selten ist die Familie dabei.
Oft werden die Patienten ohne Familie beerdigt.

Auf dem Fried-Hof werden die Opfer vom Patienten-Mord beerdigt.
Nicht alle.
Aber sehr viele.
Es sind die ermordeten Kinder und Jugendlichen.
Es sind die Opfer der Ausländer-Sammel-Stelle.
Und es sind die Opfer der de-zentralen Euthanasie.
Sie werden zwischen 1941 und 1951 beerdigt.

Im Jahr 1975 wird der Fried-Hof neu gemacht.
Alle Kinder-Gräber werden weg-gemacht.
Bis auf 4.
Alle Gräber von erwachsenen Opfern werden weg-gemacht.
Bis auf 80.

Die 80 und 4 Gräber werden zusammen-gelegt.
Es wird ein großes Holz-Kreuz aufgestellt.
Das ist die Kriegs-Gräber-Stätte.

Im Jahr 1983 setzt das Land Nieder-Sachsen einen Stein.
Es ist ein Gedenk-Stein.
Zum Gedenken an die Opfer vom Patienten-Mord.
Der Stein wird an die falsche Stelle gesetzt.

Im Jahr 1985 bekommt die Stadt den Fried-Hof.
Jetzt ist es nicht mehr der Fried-Hof der Anstalt.
Es ist der Fried-Hof der Stadt Lüneburg.
Seit dem Jahr 2008 werden auch Muslime bestattet.
Die Menschen haben den Islam als Religion.
Sie glauben an Mohammed.
Sie haben eigene Regeln beim Beerdigen.

Seit dem Jahr 2013 gibt es eine Gedenk-Anlage.
Das ist ein Denk-Mal.
Einmal im Jahr wird an die Opfer vom Patienten-Mord erinnert.
Und es gibt Schilder.
Darauf steht alles über die Gräber.
Und über den Fried-Hof Nord-West.

Gedenk-Anlage

Auf dem Fried-Hof Nord-West.
Es ist ein Denk-Mal.
Hier wird an die Opfer vom Patienten-Mord erinnert.
Es ist wie ein Ersatz-Grab.
Viele Familien haben kein Grab mehr von ihrem Opfer.
Sie können an der Gedenk-Anlage trauern.

Schon im Jahr 1983 gibt es einen Gedenk-Stein.
Aber er reicht nicht.
Und er steht am falschen Ort.
Auf dem Fried-Hof.

Dann finden 2 Forscher Teile von Gehirnen.
Sie gehören 12 Kinder-Opfern vom Patienten-Mord.
Diese Gehirn-Teile sollen beerdigt werden.
Aber nicht irgend-wo.
Sondern da wo die toten Kinder beerdigt sind.

Also entscheiden die Mitarbeiter der Gedenk-Stätte:
Wir brauchen eine Gedenk-Anlage.
Da sollen die Gehirn-Teile beerdigt werden.
Sie entscheiden auch:
So soll die Gedenk-Anlage aussehen.

Es gibt 297 rote Steine.
Jeder rote Stein steht für ein totes Kind.

Es gibt 37 gelbe Steine.
Jeder gelbe Stein steht für ein Kind.
Dem man das Gehirn raus-genommen hat.

Es gibt 12 ganz alte Steine von der Anstalt.
Sie stehen für die 12 Kinder mit den Gehirn-Teilen.
Sie heißen:

Marianne Begemann
Rosemarie Bode
Waldemar Borcholte
Friedrich Daps
Heinrich Herold
Elsa Knust
Herta Ley
Hans-Herbert Niehoff
Helmut Quast
Heinz Schäfer
Eckart Willumeit
Werner Wolters

Es werden 4 Kirsch-Bäume gepflanzt.
Jeder Baum steht für eine Opfer-Gruppe.
Die ermordeten Kinder und Jugendlichen.
Die Opfer der Aktion T4.
Die Opfer der De-Zentralen Euthanasie.
Die Opfer der Aus-Länder-Sammel-Stelle.

Die Gedenk-Anlage erinnert an alle Opfer.

Kriegs-Gräber-Stätte

Die Kriegs-Gräber-Stätte besteht aus vielen Gräbern.
Von Opfern des Zweiten Welt-Krieges.
Die Kriegs-Gräber-Stätte auf dem Fried-Hof Nord-West gehört zur Anstalt.
Es sind 79 Gräber von erwachsenen Patienten.
Nur einer ist kein Patient.
Und es sind 4 Gräber von Kindern aus der Kinder-Fach-Abteilung.
Viele sind Opfer vom Patienten-Mord.
In der Zeit des National-Sozialismus.

Die Toten kommen aus ganz Europa.
Aus Polen und Russland kommen die meisten.
Und aus der Ukraine.
Von 4 Toten weiß man nicht woher sie kommen.

Viele der Toten sind Zwangs-Arbeiter.
Oder Flüchtlinge.
Viele sterben vor Hunger.
Oder weil sie keine Kraft mehr haben.
Oder sie haben eine tödliche Lungen-Erkrankung.
Ärzte helfen ihnen nicht.
Darum sterben sie.

Jedes zweite Grab gehört zum Aus-Länder-Gräber-Feld.
Die Kinder-Gräber kommen vom Kinder-Gräber-Feld.
Sie gehören zu:
Dieter Lorenz
Berend Hiemstra
Rosa Reinhard
Abraham Kamphuis

Eigentlich sollen alle Gräber von Opfern dableiben.
Ein Kriegs-Gräber-Gesetz schützt sie.
Darin steht:
Alle Gräber von Opfern von Krieg und Gewalt müssen erhalten bleiben.
Für immer.

Aber das passiert nicht.
Alle Gräber werden auf-gelöst.
Bis auf die der Kriegs-Gräber-Stätte.
Weil das Fried-Hofs-Amt denkt:
Das sind Gräber von Aus-Ländern.
Aus-Länder waren Opfer von Krieg und Gewalt.
Darum müssen sie Teil der Kriegs-Gräber-Stätte sein.

Dabei vergisst das Fried-Hofs-Amt 7 Kinder-Gräber.
Es sind die Gräber von:

Bernd Sabarosch
Luba Gorbatschuk
Iljia Matziuk
Elisabeth van Molen
Johann Peter Wolf
Uossy bzw. Kossi
Yvonne Mennen.

Kinder-Gräber-Feld

Es gibt 425 tote Kinder und Jugendliche.
In der Zeit des National-Sozialismus.
In der Anstalt in Lüneburg
Fast alle sind ermordet.
Sie sind Opfer vom Patienten-Mord.

Sie werden beerdigt.
Auf einem Fried-Hof.
Das ist der Fried-Hof Nord-West.

Die Gräber sind auf einem besonderen Teil.
Da werden nur Kinder begraben.
Deswegen heißt es Kinder-Gräber-Feld.

Dort werden fast 300 Kinder und Jugendliche begraben.
Das jüngste tote Kind ist erst 3 Monate alt.
Das älteste tote Kind ist 16 Jahre alt.
Das passiert zwischen den Jahren 1941 und 1950.

Jedes Kind bekommt einen Kinder-Sarg.
Er ist kleiner als der für Erwachsene.
Und jedes Kind bekommt ein eigenes Grab.
Ein Kinder-Grab.
Es ist auch kleiner als das für Erwachsene.

Manchmal gibt es keinen Kinder-Sarg.
Dann nimmt man einen großen Sarg für Erwachsene.
Dann muss das Kind auch in ein großes Grab.
Denn der große Sarg passt nicht in das kleine Kinder-Grab.
Darum gibt auch Kinder-Gräber außerhalb vom Kinder-Gräber-Feld.
Insgesamt 24.
8 sind Gräber von Opfern vom Patienten-Mord.

Die Familien sind bei der Beerdigung nicht dabei.
Sie müssen sich nicht um das Grab kümmern.
Das macht der Fried-Hofs-Gärtner.
Trotzdem kommen viele Familien.
Sie pflanzen Blumen auf das Grab.
Sie setzen einen Grab-Stein.
Sie kommen und gießen die Blumen.
Die anderen Gräber sind nur Rasen und Efeu.

Ab 1975 werden die Gräber weg gemacht.
Die Familien erfahren das nicht.
Niemand sagt ihnen:
Das Grab kommt weg.

Nur 4 Kinder-Gräber bleiben erhalten.
Sie werden Teil einer Kriegs-Gräber-Stätte.

»Kindergräberfeld«

Unter den 737 Kindern und Jugendlichen, die in die »Kinderfachabteilung« aufgenommen wurden, lassen sich nach derzeitigem Forschungsstand 425 Todesfälle identifizieren. Bis auf Einzelfälle ist davon auszugehen, dass die Kinder und Jugendlichen keines natürlichen Todes gestorben sind, sondern ermordet wurden, also Opfer der »Kinder-Euthanasie« sind.

Für die auf dem Anstaltsfriedhof beerdigten Kinder und Jugendlichen gab es zwei »Kindergräberfelder« (a und b), die später zu einem Gräberfeld zusammengefasst wurden. Auf ihnen wurden zwischen dem 20. Oktober 1941 und dem 3. Januar 1950 insgesamt 297 Kinder, davon 175 Jungen, 121 Mädchen und ein unbekanntes Kind begraben. Das jüngste Kind war bei seinem Tod drei Monate, das älteste 16 Jahre alt.

Bis Kriegsende wurden 260 Kinder, bis Jahresende 1945 weitere 23 Kinder bestattet. Ab 1946 nahm die Zahl der Bestattungen rasch ab. 1946 gab es sechs, 1947 nur vier, 1948 zwei und 1949 sowie 1950 jeweils nur eine Bestattung.

Die Bestattungen erfolgten in Särgen, als Einzelgräber in Reihe. Gab es keine Kindersärge, mussten die Kinder und Jugendlichen in Särgen für erwachsene Leichen bestattet werden. Da diese nicht in die kleiner bemessenen Kindergräber passten, wurden sie nicht auf dem »Kindergräberfeld« bestattet, sondern in Streulage zwischen den anderen Patient*innen-Gräbern. Infolgedessen konnten außerhalb des »Kindergräberfeldes« mindestens acht weitere Gräber von Opfern der »Kinder-Euthanasie« identifiziert werden. Insgesamt gab es 24 Gräber von Kindern und Jugendlichen außerhalb des »Kindergräberfeldes«.

Bei der Bestattung waren nur in seltenen Fällen Angehörige zugegen. Obwohl die Grabpflege aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde, gab es Angehörige, die die Gräber pflegten, sobald es ihnen möglich war nach Lüneburg zu reisen. Die öffentlich gepflegten Gräber blieben mit Rasen und Efeu bepflanzt.

Fast alle Kindergräber wurden ab Mitte der 1970er Jahre aufgelöst und überbettet. Die Angehörigen wurden darüber nicht informiert. Nur vier Gräber wurden umgebettet und blieben auf der 1975 errichteten Kriegsgräberstätte erhalten.