Thea Marienberg

Thea Marienberg wird am 7. April 1921 in Lüne-Burg geboren.
Ihre Eltern sind Otto und Alwine Marienberg.
Otto ist Fuhr-Unternehmer.
Er ist gegen die Nazis.
Darum kommt er 1934 ins Gefängnis.
Ottos Bruder Albert wird 1931 von National-Sozialisten erschossen.

1939 verliebt sich Thea in Erich.
Thea wird schwanger.
Thea und Erich wollen heiraten.
Sie stellen einen Antrag beim Gesundheits-Amt.
Sie brauchen eine Erlaubnis.
Die brauchen jetzt alle in Deutsch-Land
die heiraten wollen.

Thea bekommt die Erlaubnis nicht.
Das Lüne-Burger Gesundheits-Amt sagt:
Viele in der Familie sind schwach-sinnig.
Sie sind gegen die National-Sozialisten.
Sie sind gegen uns.
Wer gegen uns ist, soll nicht heiraten.
Und keine Kinder bekommen.

Thea darf nicht heiraten.
Sie soll auch keine Kinder bekommen.
Das Lüne-Burger Gesundheits-Amt entscheidet:
Thea soll sterilisiert werden.

Thea ist schlau.
Sie geht zu einem Gesundheits-Amt nach Hamburg.
Dort will sie ihre Heirats-Erlaubnis.
Das Gesundheits-Amt in Hamburg sagt:
Thea ist nicht schwach-sinnig.
Sie darf heiraten.

Aber Thea wohnt in Lüne-Burg.
Darum bestimmt das Amt in Lüneburg.

Theas Vater Otto beschwert sich.
Auch Erich beschwert sich darüber.
Thea soll weiter Kinder bekommen können.
Er ist Soldat.
Aber seine Beschwerde hat auch keinen Erfolg.
Am 10. Dezember 1940 wird Thea im Lüne-Burger Kranken-Haus sterilisiert.

Erst danach darf Thea heiraten.
Thea und Erich heiraten am 28. Februar 1941.
Sie haben eine Tochter.
Aber sie können keine weiteren Kinder bekommen.

Das ist ein Foto von Thea und ihrem Mann Erich.

Es wurde an ihrem Hochzeits-Tag gemacht.

Das Foto ist 1941.

Das ist ein Bericht von einem Arzt.

Der Arzt arbeitet im Krankenhaus.

Der Arzt schreibt dass Thea unfrucht-bar gemacht werden muss.

Das Dokument ist von 1940.

Karl Marienberg

Karl ist der Cousin von Thea Marienberg.
Ihm geht es wie Thea.
Und wie seinem Bruder Georg.
Und wie seiner Halb-sSchwester Emmi.
Sie werden alle sterilisiert.
Das heißt un-frucht-bar gemacht.
Gegen den Willen.
Sie können alle keine Kinder mehr bekommen.

Karl ist im Jahr 1913 in Lüne-bBurg geboren.
Er geht auf eine Förder-Schule.
Danach ist er Arbeiter.
In einem Kohle-Geschäft.
Zusammen mit seinem Bruder Georg.

Karl lernt Berta kennen.
Er möchte sie 1938 heiraten.
Er stellt einen Antrag beim Gesundheits-Amt.
Er braucht eine Erlaubnis.
Das Gesundheits-Amt sagt Nein.
Weil Karl aus der Familie Marienberg kommt.
Die Familie ist gegen die National-Sozialisten.

Erst sagt das Erb-Gesundheits-Gericht Lüne-bBurg:
Karl soll nicht sterilisiert werden.
Aber ein Arzt vom Gesundheits-Amt beschwert sich.
Das Erb-Gesundheits-Gericht sagt dann doch:
Karl soll sterilisiert werden.

Berta wird schnell schwanger.
Kurz danach wird Karl operiert.
Das ist im November 1938.
Im Lüneb-Burger Kranken-Haus.
Erst danach darf er Bertha heiraten.

Am 13. Juni 1941 stirbt Karl.
Er hat eine schwere Lungen-Krankheit.

Das ist ein Foto von Karl Marienberg.

Es ist aus seiner Patienten-Akte.

In der Akte stehen alles über Karl.

Das Gesundheits-Amt hat Infos über ihn gesammelt.

Als es entschieden hat Karl un-frucht-bar zu machen.

Beschwerde des Gesundheitsamtes Lüneburg über Beschluss zu
Karl Marienberg vom 27.7.1937.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 1298.


Georg Marienberg

Georg ist der Cousin von Thea Marienberg.
Ihm geht es wie Thea.
Und wie seinem Bruder Karl.
Und wie seiner Halb-Schwester Emmi.
Sie werden alle sterilisiert.
Gegen den Willen.

Georg ist im Jahr 1910 in Lüne-Burg geboren.
Er geht auf eine Förder-Schule.
Danach ist er Arbeiter.
In einem Kohle-Geschäft.
Zusammen mit seinem Bruder Karl.

Georg wird im Juni 1938 angezeigt.
Beim Erb-Gesundheits-Gericht Lüne-Burg.
Das passiert weil sein Bruder auch gemeldet wird.
Weil er versucht zu heiraten.

Das Gericht entscheidet:
Georg soll keine Kinder bekommen.
Weil er dumm ist.
Und weil seine Familie Gegner der National-Sozialisten ist.
Georg soll zwangs-sterilisiert werden.
Er soll un-frucht-bar gemacht werden.
8 Wochen nach seinem Bruder wird Georg operiert.

2 Jahre später will Georg heiraten.
Das Gesundheits-Amt sagt: Nein.
Georg beschwert sich.
Er darf dann doch heiraten.
Aber er kann keine Kinder mehr bekommen.

1951 ist der Krieg 6 Jahre vorbei.
Die Nazis bestimmen nicht mehr.
Georg geht vor Gericht.
Er möchte Schmerzens-Geld.
Und eine Entschuldigung.
Er möchte sein Recht.

Aber das bekommt er nicht.
Es gibt eine Gerichts-Verhandlung.
Der Richter ist Dr. Jahn.
Der war auch schon Richter bei den National-Sozialisten.
Er war auch Richter am Erb-Gesundheits-Gericht Lüne-Burg.

Ein Arzt macht eine Aussage.
Der Arzt ist beim Gesundheits-Amt.
Das war er auch schon bei den National-Sozialisten.
Der Richter und der Arzt sagen:
Das Urteil gegen Georg war richtig.
Die Sterilisation war richtig.

Georg Marienberg bekommt sein Recht nicht.
Er bekommt kein Geld.
Und keine Entschuldigung.
Georg stirbt am 7. April 1979.
Er hat nie Kinder.

Das ist ein Foto von Georg Marienberg.

Das Foto ist aus einer Akte.

Das Gesundheits-Amt hat eine Akte gemacht.

Und alles über Georg darin gesammelt.

Wie alt er ist.

Wer seine Eltern sind.

Wieso er un-frucht-bar gemacht werden soll.

Das ist eine Bescheinigung.

Es ist ein Dokument über Georg Marienberg.

Es ist ein Dokument vom Gesundheits-Amt.

Georg Marienberg

Mehrere Mitglieder der Lüneburger Familie Marienberg sympathisierten mit der kommunistischen Partei. Aus diesem Grund wurde die gesamte Familie erbbiologisch erfasst und vier Familienmitglieder gegen ihren Willen sterilisiert.

Georg Marienberg erging es wie seiner Cousine Thea und seinem jüngeren Bruder Karl. Er war Hilfsschüler gewesen, arbeitete zunächst als Hilfsarbeiter, dann als Knecht. Zum Zeitpunkt der Anzeige des Gesundheitsamtes über seine Unfruchtbarmachung war er gemeinsam mit seinem Bruder Karl beim Kohlehändler Lindemann beschäftigt. Sein Sterilisationsverfahren stand in direktem Zusammenhang mit dem Verfahren seines Bruders. Durch das Heiratsgesuch seines Bruders und die damit verbundene »Ehetauglichkeitsprüfung« wurde das Gesundheitsamt auch auf ihn aufmerksam.

Am 26. Juni 1938 ging die Anzeige des Gesundheitsamtes beim Erbgesundheitsgericht Lüneburg ein, drei Monate später beschloss es bereits, dass Georg Marienberg zu sterilisieren sei. Er wurde acht Wochen nach seinem Bruder Karl sterilisiert.

Trotz vorliegender Unfruchtbarkeit lehnte das Gesundheitsamt Lüneburg zwei Jahre später Georgs Eheschließung ab. Georg Marienberg beschwerte sich daraufhin beim Reichminister des Innern, der der Vermählung schließlich zustimmte.

Sechs Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus bemühte sich Georg Marienberg um Wiederaufnahme seiner Erbgesundheitssache und hoffte auf eine Entschädigung. In der Sitzung vom 12. Oktober 1951 kamen Amtsgerichtsdirektor Dr. Jahn, der ab 1940 der Nachfolger von Richter Stölting und bis Kriegsende der vorsitzende Richter am Erbgesundheitsgericht Lüneburg gewesen war, sowie Medizinalrat Dr. Schaeper – der Nachfolger von Amtsarzt Dr. Rohlfing beim Gesundheitsamt Lüneburg – zu dem Ergebnis, dass der Beschluss des ehemaligen Erbgesundheitsgerichtes aufrechterhalten werde. Georg Marienberg starb am 7. April 1979 in Lauenburg. Er hinterließ keine Kinder.

Foto von Georg Marienberg aus seiner Sterilisationsakte.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 1324.

Bescheinigung des Gesundheitsamtes Lüneburg
für Georg Marienberg vom 17.8.1940.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 1324.

Karl Marienberg

Mehrere Mitglieder der Lüneburger Familie Marienberg sympathisierten mit der kommunistischen Partei. Aufgrund dessen wurde die ganze Familie »erbbiologisch erfasst« und vier Familienmitglieder gegen ihren Willen sterilisiert.

Karl Marienberg wurde am 5. Februar 1913 in Lüneburg geboren. Er besuchte eine Hilfsschule, arbeitete dann als Landarbeiter und schließlich als Arbeiter bei der Kohlehandlung Lindemann, ebenso wie sein Bruder Georg. In dieser Zeit lernte er Berta Habenicht kennen. Die beiden wollten heiraten. Ihrem Antrag auf »Ehetauglichkeit« wurde jedoch nicht stattgegeben, stattdessen wurde eine Anzeige zur Sterilisation gestellt. Berta wurde »Prostitution« unterstellt, obwohl sie lediglich zwei uneheliche Kinder hatte. Karl Marienberg wiederum wurde für eine Sterilisation angezeigt, da sein Vater Otto im kommunistischen Widerstand aktiv war.

Der Richter Edzard Stölting sowie die beiden Mediziner Dr. Max Bräuner und Dr. Wilhelm Vosgerau, die dem Erbgesundheitsgerichtsverfahren von Karl Marienberg vorsaßen, lehnten am 7. Juli 1938 eine Sterilisation von Karl Marienberg zunächst ab. Dagegen legte der anzeigende Amtsarzt Dr. Hans Rohlfing vom Lüneburger Gesundheitsamt erfolgreich Beschwerde ein. Das Verfahren ging in die nächst höhere Instanz zum Erbgesundheitsobergericht nach Celle.

Das Celler Gericht beschloss am 25. Oktober 1938 die Unfruchtbarmachung von Karl Marienberg. Er wurde am 18. November 1938 im Städtischen Krankenhaus Lüneburg operiert. Allerdings wurde Berta schon vorher von Karl schwanger. Erst nach der Operation wurde die Eheschließung bewilligt. Karl Marienberg und Berta Habenicht heirateten zehn Tage vor der Geburt der gemeinsamen Tochter Silvia an Silvester 1938. Zweieinhalb Jahre später, am 13. Juni 1941, starb Karl »nach längerem Leiden« an Tuberkulose.

Foto von Karl Marienberg aus seiner
Sterilisationsakte.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 1298.

Beschwerde des Gesundheitsamtes Lüneburg über Beschluss zu Karl Marienberg vom 27.7.1937.

NLA Hannover Hann. 138 Lüneburg Acc. 102/88 Nr. 1298.