Semen Semzuk wurde am 1. Oktober 1919 in Krystowa in der Ukraine geboren. Er war Zwangsarbeiter und wurde als Aushilfsheizer und Aushilfsmaschinist eingesetzt. Am 21. April 1944 abends habe sich »der Pole« (wie es falsch im ärztlichen Gutachten heißt) plötzlich sonderbar verhalten, sei die ganze Nacht umhergeirrt und am nächsten Morgen ohne Geld und Ausweispapiere vollkommen durchnässt in seine Unterkunft zurückgekehrt. Dr. Knüll, der ihn drei Tage später begutachtete, kam zu dem Ergebnis, Semen Semzuk müsse zur Beobachtung in die Heil- und Pflegeanstalt Oldenburg in Wehnen.
Dort wurde er am 26. April 1944 aufgenommen. Es ist nur die kurze Zusammenfassung seines dortigen Aufenthaltes in der Krankengeschichte überliefert, die bei seiner Entlassung eingetragen wurde. Er habe Halluzinationen gehabt und sei unruhig und gewalttätig gegen seine Mitpatienten gewesen, darum habe er wiederholt fixiert werden müssen. Man diagnostizierte bei ihm eine Schizophrenie.
Bei seiner Aufnahme in die »Ausländersammelstelle« Lüneburg wurde er nicht weiter begutachtet. Der erste Eintrag des Leiters Dr. Redepenning erfolgte erst am 3. Januar 1945, nachdem Semen Semzuk sich bereits länger als zwei Wochen in der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg befand. Redepennings einziger Eintrag war dann: »Stupor. nicht arbeitsfähig.« Weitere zwei Wochen später trug Redepenning: »Steht herum. Spricht nicht mit anderen. Schizophrenie?« ein.
14 Tage später, am 7. Februar, folgte der Eintrag »Stumpf gehemmt. Bef.[und] bericht. Nicht arb[eits]f.[ähig]«. Dann folgten acht Wochen lang gar keine Einträge. Am 3. April 1945 dokumentierte Redepenning: »17 Uhr an Erschöpfung bei akuter Geisteskrankheit gestorben.« Mehr findet sich nicht in der Krankengeschichte. Es gibt keinen Hinweis auf Semen Semzuks Gewicht oder seinen körperlichen Zustand insgesamt. Es gibt keinen Hinweis auf therapeutische, gar lebensrettende Maßnahmen. Semen Semzuk starb im Alter von 25 Jahren.