Ausländer-Sammel-Stelle Lüne-Burg

In der Anstalt in Lüneburg gibt es ausländische Patienten.
Aus 16 verschiedenen Ländern.
Die meisten kommen aus Polen.
Und aus Russland.
Es sind Zwangs-Arbeiter.
Sie werden aus ihrer Heimat verschleppt.
Um für die Deutschen zu arbeiten.
Gegen ihren Willen.
Im Jahr 1940 werden es immer mehr.
Im Jahr 1943 gibt es eine eigene Station.
Sie heißt: Ost-Arbeiter-Abteilung.

Diese Abteilung gibt es aus bestimmten Gründen.
Damit die ausländischen Patienten unter sich bleiben.
Damit man sie besonders schlecht behandeln kann.
Zum Beispiel nicht genug Essen geben.
Keine Medikamente geben.
Und sie ermorden.

Die Männer kommen in Haus 15.
Die Frauen kommen in Haus 16.

Im Jahr 1944 wird die Ost-Arbeiter-Abteilung:
Ausländer-Sammel-Stelle.
Das entscheidet ein Minister.

Und es kommen noch mehr ausländische Patienten.
Es sind Flüchtlinge aus Belgien und den Nieder-Landen.
Das sind Nachbar-Länder von Deutschland.
Und es sind Zwangs-Arbeiter aus deutschen Lagern.
Es sind Lager aus ganz Niedersachsen.
Und Bremen.

Oder es sind ausländische Patienten aus anderen Anstalten.
Sie kommen nach Lüneburg und kommen aus:
Hildesheim
Königslutter
Osnabrück
Schleswig
Bremen
Wehnen bei Oldenburg.

Den Zwangs-Arbeitern geht es in Lüneburg schlecht.
Sie bekommen zu wenig zu essen.
Sie bekommen keine Hilfe.
Viele Zwangs-Arbeiter aus dem Aus-Land sterben
In der Anstalt in Lüneburg.
Von 1 Hundert 16 Patienten wissen wir es genau.

Aber es gibt noch viel mehr tote Zwangs-Arbeiter.
Wir wissen nur noch nicht wie viele.

Semen Semzuk

Semen Semzuk ist im Jahr 1919 in der Ukraine geboren.
Er kommt nach Deutschland.
Im 2. Welt-Krieg.
Er ist Zwangs-Arbeiter.
Er muss mit Maschinen arbeiten.

Im April 1944 verhält er sich angeblich komisch.
Er läuft die ganze Nacht herum.
Ein Arzt unter-sucht ihn.

Der Arzt sagt:
Semen muss in eine Anstalt.
Das ist ein besonderes Kranken-Haus.
Semen kommt in die Anstalt Oldenburg in Wehnen.
Dort wird er auch unter-sucht.

Die Ärzte in der Anstalt Oldenburg sagen:
Semen ist sehr unruhig.
Er ist gewalt-tätig.
Er ist geistes-krank.

Semen ist acht Monate in der Anstalt Oldenburg.
Dann soll dort Platz gemacht werden für deutsche Patienten.
Die ausländischen Patienten sollen weg.
Im Dezember 1944 kommen 33 Patienten nach Lüneburg.
Aus der Anstalt Oldenburg.
Auch Semen Semzuk ist dabei.

Erst nach 2 Wochen guckt ein Arzt nach Semen.
Der Arzt schreibt in die Akte:
Kann nicht arbeiten.
Spricht nicht.

Aber Semen Semuk wird nicht richtig untersucht.
Er wird auch nicht behandelt.

Semen stirbt am 3. April 1945 in der Lüneburger Anstalt.
Nach nicht mal vier Monaten dort.
Semen ist 25 Jahre alt.

Pawel Iwanoff

Pawel Iwanoff ist im Jahr 1894 in Russland geboren.
Im Ersten Welt-Krieg ist er Soldat.
In der russischen Armee.
Danach ist er in einem Lager bei Celle in Deutschland.
Er soll wieder nach Hause nach Russland.

Aber er kommt nicht nach Hause.
Im Jahr 1923 kommt er in die Lüneburger Anstalt.
Er ist verwirrt.
Die Ärzte sagen:
Er ist geistes-krank.
Da ist er 29 Jahre alt.
Pawel bleibt über 21 Jahre in der Anstalt.
Bis zu seinem Tod.

Pawel arbeitet in der Schneiderei.
Später arbeitet er auf dem Feld.
Für die Anstalt.
Er arbeitet fleißig.
Er spricht wenig.

Im Jahr 1944 wird Pawel krank.
Er hat eine Lungen-Krankheit.

Es geht es ihm immer schlechter.
Er wird immer dünner.
Er wird immer schwächer.
Er will nicht mehr essen.

Im Januar 1945 stirbt Pawel in der Lüneburger Anstalt.
Er ist 50 Jahre alt.
Die Lungen-Krankheit hat er in der Anstalt bekommen.
Daran ist er gestorben.

Olga Korsch

Olga ist im Jahr 1910 geboren.
In der Ukraine.
Im Krieg kommt sie als Zwangs-Arbeiterin nach Deutschland.
Sie arbeitet in Delmenhorst.
Dort kommt sie in ein Kranken-Haus.
Der Arzt entscheidet:
Olga muss in eine Anstalt.
Denn es ist kein Bett frei.

So wird Olga Patientin im besonderen Kranken-Haus.
In der Anstalt Oldenburg.
Das ist im Jahr 1944.

Ihr geht es nicht gut.
Sie findet keine Ruhe.
Sie ist auch ganz dünn.

Olga kann nicht in Oldenburg bleiben.
Sie kommt in die Lüneburger Anstalt.
Da erzählt sie dem Arzt:
Ich bin verheiratet.
Ich habe eine Tochter.
Sie ist 5 Jahre alt.
Ich bin 2 Jahre zur Schule gegangen.
Ich habe in einer Fabrik gearbeitet.

Ein paar Monate später geht es Olga besser.
Das ist Anfang 1945.
Sie darf sogar außerhalb der Anstalt arbeiten.
Sie hilft in einem Flüchtlings-Lager.
Da sind viele ohne Zuhause.
Weil sie geflüchtet sind.

Dann ist der Krieg vorbei.
Olga wird in die Anstalt zurück gebracht.
Von einer Soldatin aus England.

Sie arbeitet in der Küche der Anstalt.
Sie schält Kartoffeln und Gemüse.
Sie ist wieder unruhig.

Im Jahr 1946 geht es ihr wieder besser.
Aber jetzt hustet sie.
Sie steckt sich in der Anstalt an.
Sie bekommt eine Lungen-Erkrankung.
Die ist tödlich.
Daran stirbt sie.
Das ist im Jahr 1948.
Olga ist erst 38 Jahre alt.