»Kinder-Euthanasie«

Euthanasie heißt Patienten-Mord.
Kinder-Euthanasie heißt Kinder-Mord.

Im National-Sozialismus werden Kinder ermordet.
Es sind Kinder mit Behinderungen.
Und Kinder die sich anders verhalten.
Der Mord fängt im Jahr 1938 oder 1939 an.

Ab dem Jahr 1939 müssen alle Kinder mit Behinderung gemeldet werden.
Kinder die nicht laufen.
Kinder die nicht sprechen.
Kinder die nicht sehen.
Kinder die nicht hören.
Kinder die langsam im Lernen sind.
Kinder die langsam im Denken sind.

Ärzte und Pfleger und Geburts-Helfer melden.
Sie sagen dem Gesundheits-Amt:
Dieses Kind ist krank.
Es hat eine Behinderung.
Es muss in ein besonderes Kranken-Haus.
Es muss in eine Kinder-Fach-Abteilung.
Das ist eine Kinder-Station.
Da werden die Kinder untersucht.
Ein Arzt sagt dann:
Das Kind ist krank.
Das Kind muss sterben.

Der Arzt sagt das nicht immer alleine.
Er bekommt Hilfe von 3 anderen Ärzten in Berlin.
Sie nennen sich Reichs-Aus-Schuss.

Die Kinder werden mit einem Medikament ermordet.
Sie bekommen viel zu viel von dem Medikament.
Sie sterben oft an einer Lungen-Entzündung.
Das kommt durch das Medikament.

Es werden mehr als 5 Tausend Kinder ermordet.
Viele in einer Kinder-Fach-Abteilung.
Die jüngsten sind nur wenige Tage alt.
Die ältesten sind fast 16 Jahre alt.

Manchmal machen die Ärzte mit den Kindern Versuche.
Sie geben ihnen nicht erlaubte Medikamente.
Sie geben ihnen nicht das Medikamente das sie brauchen.
Sie geben ihnen nichts zu essen.
Viele Kinder sterben auch an Hunger.

Man nimmt den toten Kindern das Gehirn raus.
Es wird untersucht.
Die Ärzte wollen wissen:
Warum hat das Kind eine Behinderung?
Das Gehirn wird auch zu anderen Ärzten geschickt.
Zum Beispiel an eine Hoch-Schule.
Da lernen Menschen den Arzt – Beruf.
Da forschen sie an den Gehirnen.

Manchmal melden die Ärzte, Pfleger oder Geburts- Helfer auch
mehrere Kinder aus einer Familie.
Brüder und Schwestern kommen zusammen in die Kinder-Fach-Abteilung.
Sie werden alle ermordet.
Oder einzelne über – leben.
Dann beobachten sie den Mord an der Schwester oder dem Bruder.

Nur wenige Kinder über – leben.
Ihre Familien retten sie.
Oder sie bleiben viele Jahre in der Anstalt.
Oft gegen ihren Willen.
Auch nachdem der National-Sozialismus vorbei ist.

Friedrich Daps

Friedrich Daps ist am 4. Oktober 1933 in Isern-Hagen geboren.
Das ist in der Nähe von Hannover.
Hannover ist die Haupt-Stadt von Nieder-Sachsen.
Er hat 2 Brüder.
Sie sind jünger.

Friedrich ist das erste Kind.
Die Mutter kann sich nicht gut um Friedrich kümmern.
Sie hat nicht genug Kraft für Friedrich.
Und die Eltern haben ein Problem mit seiner Behinderung.
Friedrich kommt mit 4 Jahren in ein Heim.

Das Heim ist die Pestalozzi-Stiftung.
Die gibt es auch heute noch.
Friedrich soll nur wenige Tage da sein.
Doch es kommt anders.

Ein Arzt unter-sucht Friedrich.
Er stellt fest:
Friedrich will nicht mit anderen Kindern spielen.
Er ist sehr unruhig und wild.
Er macht nichts was man ihm sagt.
Er kann nicht hören und sprechen.
Er ist dumm.

Der Arzt entscheidet:
Friedrich muss in eine Anstalt.
Eine Anstalt ist ein besonderes Kranken-Haus.
2 Tage später kommt er in eine Anstalt in Hannover.

Friedrich soll schnell weg.
Die Pestalozzi-Stiftung will ihn los-werden.
Die Anstalt in Hannover ist sehr überrascht.
Die Eltern von Friedrich werden nicht gefragt.

Friedrich kommt nach 8 Monaten in eine zweite Anstalt.
Die ist in Roten-Burg.
Dort bleibt Friedrich 2 Jahre und 7 Monate.

Dort interessiert er sich nur für besondere Sachen.
Zum Beispiel für Licht, Glitzern, Brummen.
Ärzte denken deshalb:
Friedrich ist dumm und blöde.

Im Jahr 1941 kommt Friedrich nach Lüne-Burg.
In ein Kranken-Haus.
Er kommt in die Kinder-Fach-Abteilung.
Er kommt in das Haus 25.

Der Lüne-Burger Arzt entscheidet:
Friedrich wird nicht wieder gesund.
Er muss sterben.

Eine Kranken-Schwester gibt ihm ein Medikament.
Sie gibt ihm viel zu viel.
Damit Friedrich daran stirbt.
Er wird ermordet.

Er stirbt am 21. März 1942.
Da ist er 9 Jahre alt.

Der Arzt nimmt danach das Gehirn von Friedrich aus dem Kopf.
Er unter-sucht das Gehirn.
Und er schickt es in ein Kranken-Haus nach Hamburg.
Das bleibt alles geheim.

Friedrich wird auf dem Anstalts-Friedhof beerdigt.
Ohne die Eltern.
Sie bekommen die Nachricht über den Tod zu spät.
So schnell können sie nicht nach Lüne-Burg kommen.

Der Mord an Friedrich bleibt auch geheim.

Bis Forscher Teile von dem Gehirn von Friedrich finden.
Das ist erst 70 Jahre später.
Die Gehirn-Teile sind immer noch in dem Kranken-Haus in Hamburg.
Man hat sie einfach vergessen.
Nach dem Ende des Zweiten Welt-Krieges.

Auch die Gehirn-Teile von elf anderen Kindern wurden vergessen.
Alle diese Kinder wurden in Lüne-Burg ermordet.
In der Kinder-Fach-Abteilung in der Lüne-Burger Anstalt.

Die Gehirn-Teile werden 2013 beerdigt.
Es gibt eine Gedenk-Anlage.
Sie erinnert an Friedrich.

Im Jahr 2021 bekommt eine Straße den Namen Friedrich Daps-Weg.
Die Straße ist in der Nähe von der Pestalozzi-Stiftung.
Im Jahr 2022 bekommt Friedrich einen Stolper-Stein.
Er liegt vor dem Haus von der Familie von Friedrich.

Friedrich Daps

Friedrich Daps Stolperstein

Friedrich-Daps Straßenname

Friedrich Daps

Friedrich Daps wurde am 4. Oktober 1933 in Isernhagen bei Hannover geboren. Seine Eltern Willi und Alma Daps hatten noch zwei weitere Kinder. Friedrich war der Älteste. Friedrich hatte eine geistige Behinderung und kam am 17. Juli 1937, begleitet von seinem Vater Willi, in die Pestalozzi-Stiftung in Großburgwedel. Da war Friedrich noch keine vier Jahre alt. Warum die Eltern ihn dorthin brachten, ist nicht bekannt. Vermutlich waren die Eltern mit der Behinderung des Sohnes überfordert. Er sollte nur ein paar Tage dort bleiben.

Am 8. August 1937 wurde Friedrich Daps obligatorisch von einem Arzt begutachtet. Der kam zu dem Schluss, dass Friedrich »anstaltsbedürftig« sei. Die Pestalozzi-Stiftung schob Friedrich daraufhin schon wenig später am 10. August 1937 in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhagen ab. Über die Eile war die Anstalt verwundert.

In einem Bericht der Stiftung wurde er als »erziehungsunfähig« bezeichnet. Von Langenhagen aus wurde er im März 1938 in die Anstalten der Inneren Mission Rotenburg verlegt. Die wenigen Einträge in Friedrichs Akte aus beiden Anstalten bezeichnen ihn als »schwachsinnig« und »nicht bildungsfähig«. Am 9. Oktober 1941 wurde er gemeinsam mit 137 anderen Kindern aus Rotenburg in die »Kinderfachabteilung« Lüneburg verlegt.

Dort starb Friedrich am 21. März 1942. Er wurde nur acht Jahre alt. Die angebliche Todesursache »angeborener Schwachsinn« und »Lungenentzündung« kann bezweifelt werden. Höchstwahrscheinlich wurde Friedrich in der »Kinderfachabteilung« Lüneburg mit dem Medikament Luminal ermordet.

Telegrafisch wurde der Vater noch am gleichen Tag benachrichtigt, dass der Sohn bereits am Tag darauf um 15.30 Uhr auf dem Anstaltsfriedhof, dem heutigen Friedhof Nord-West, beerdigt werde. An eine Überstellung der Leiche nach Hannover war nicht gedacht. Vielmehr musste das Kind wohl schnell unter die Erde.

Friedrichs Gehirn wurde nach seinem Tod entnommen und zu Forschungszwecken in das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf geschickt. Dort wurde es mit den Gehirnschnitten von elf weiteren Kinder-Opfern aus der Lüneburger »Kinderfachabteilung« siebzig Jahre später aufgefunden. Diese sterblichen Überreste wurden am 25. August 2013 auf dem Nord-West-Friedhof bestattet, auf dem eine Gedenkanlage eingerichtet worden war.

Im Februar 2021 wurde in Großburgwedel eine Straße nach Friedrich Daps in der Nachbarschaft zur Pestalozzi-Stiftung benannt. Im Frühjahr 2022 wurde ihm in Isernhagen vor seinem ehemaligen Zuhause ein Stolperstein verlegt.

Friedrich Daps im Alter von 4 Jahren, Aufnahmefoto der Anstalten der Inneren Mission Rotenburg August 1937.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 218.

Stolperstein für Friedrich Daps.

ArEGL.

Straßenumbenennung in Friedrich-Daps-Weg.

ArEGL.