Friedrich Daps

Ȇber den Tod von Friedrich,
was dann in der Familie passiert ist, wurde nichts gesprochen,
gar nichts. Es wurde alles verschwiegen.«

Walter Daps. Friedrich Daps war sein Cousin.

Friedrich Daps kommt aus Isernhagen.
Seine Vater ist Fried-Hofs-Gärtner.
Friedrich ist 3 Jahre alt.
Er wird von seinem Vater in ein Heim gebracht.
Das ist in der Pestalozzi-Stiftung in Großburgwedel. Friedrich hat eine Behinderung.
Friedrich soll gehör-los und stumm sein.
Er wird als nicht erzieh-bar bewertet.
Die Stiftung über-weist ihn in die Nerven-Klinik.

In der Nerven-Klinik kann er nicht bleiben.
Im März 1938 kommt er in das besondere Kranken-Haus in Rotenburg.
1941 kommt er in die Kinder-Fach-Abteilung Lüneburg.

Er ist einer der ersten 138 Kinder und Jugendlichen.
In der Kinder-Fach-Abteilung Lüneburg.
Er wird ein halbes Jahr später ermordet.
Da ist er 8 Jahre alt.
Nach seinem Tod wird sein Gehirn rausgenommen.
Es wird an das Universitäts-Kranken-Haus Hamburg-Eppendorf abgegeben.
Damit daran geforscht wird.

Friedrich Daps

Ȇber den Tod von Friedrich,
was dann in der Familie passiert ist, wurde nichts gesprochen,
gar nichts. Es wurde alles verschwiegen.«

Interview mit Walter Daps, dem Cousin von Friedrich Daps.

FRIEDRICH DAPS (1933-1942)

wurde als Arbeiterkind in Isernhagen geboren. Im Alter von drei Jahren gab sein Vater, der Friedhofsgärtner Willi Daps, ihn ins Kinderheim der Pestalozzi-Stiftung in Großburgwedel. Nach einer ärztlichen Begutachtung, strengte die Stiftung eine zügige Verlegung in die Nerven-Heilanstalt Langenhangen an. Es gab die Vermutung, Friedrich sei »taubstumm«, auch wurde er als »nicht erziehungsfähig« beurteilt.


Von Langenhagen aus wurde er im März 1938 in die Anstalten der Inneren Mission Rotenburg verlegt. Dort blieb er bis zu seiner Verlegung nach Lüneburg 1941.


Friedrich Daps gehört zu den 138 Kindern und Jugendlichen aus Rotenburg, die im Oktober 1941 als erste Patienten in der »Kinderfachabteilung Lüneburg« aufgenommen wurden. Er starb ein halbes Jahr später am 21. März 1942 im Alter von acht Jahren. Nach seinem Tod wurde sein Gehirn entnommen und zu Forschungszwecken in das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf geschickt.


Elfa Seipel

»In dieser Verwaltungsakte waren unschätzbare Details, die man sonst nie erfahren hätte. Unter anderem, dass die Familie durchaus versucht hat, sie da wieder rauszuholen.«

Interview mit Ulla Bucarey. Elfa Seipel war ihre Großtante.

ELFA SEIPEL (1897 – 1941)

geb. Piske, wurde am 6. Mail 1897 in Schleswig geboren. Elfa besuchte die Volksschule in Rendsburg, ihr Vater betrieb ein Offizierskasino. Als 26-Jährige heiratete sie den Zahlmeister Ludwig Seipel und zog mit ihm nach Soltau. Die Ehe blieb kinderlos. Ihr Mann schlug 1932 die höhere Beamtenlaufbahn ein und wechselte hierfür nach Hannover. Elfa bezog alleine ein Wohnung in Uelzen.


Aufgrund einer Syphilis-Infektion ging es Elfa zunehmend schlechter. Sie entwickelte Wahnideen und unternahm einen Suizidversuch. Daraufhin wurde sie in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eingewiesen. Ihr Bruder Otto bemühte sich 1936 um eine Entlassung, doch die wurde vom Anstaltsdirektor Max Bräuner abgelehnt.

Am 9. April 1941 wurde Elfa Seipel in die Zwischenanstalt Herborn und von dort am 28. Mai 1941 in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt.
Die Familie erfuhr zwölf Tage später in einem »Trostbrief« von ihrem Tod.


Elfa Seipel

»In dieser Verwaltungsakte waren unschätzbare Details, die man sonst nie erfahren hätte. Unter anderem dass die Familie durchaus versucht hat, sie da wieder rauszuholen.«

Gespräch mit Ulla Bucarey. Elfa ist ihre Groß-Tante.

Elfa Seipel kommt aus Schleswig.
Elfa geht in Rendsburg zur Schule.
Ihr Vater hatte eine Gast-Stätte für Soldaten. 
Elfa heiratet Ludwig Seipel.
Er ist Zahl-Meister.
Sie ziehen nach Rendsburg.
Sie haben keine Kinder.
Sie trennen sich.
Er zieht nach Hannover.
Elfa zieht in eine Wohnung in Uelzen.

Elfa wird krank.
Sie hat Realitäts-Verlust.
Sie will sich das Leben nehmen.
Sie kommt in das besondere Kranken-Haus.
Ihr Bruder Otto will sie 1936 rausholen.
Das wird vom Chef-Arzt Max Bräuner abgelehnt.

Im Früh-Jahr 1941 gerät Elfa Seipel in die Aktion T4. Sie wird in der Tötungs-Anstalt Hadamar ermordet. 12 Tage später erhält die Familie einen Trost-Brief.

Heinz Schäfer

»Die drei Jungs sind zusammen großgeworden und haben sich sehr um den kleinen Bruder […] bemüht – sie haben ihn viel umhergetragen [und] mit ’nem kleinen Wagen umhergefahren.«

Gespräch mit Renate Meier. Heinz Schäfer ist ihr Cousin.

Heinz Schäfer kommt aus Bovenden (Göttingen).
Er hat 2 ältere Brüder: Rolf und Friedrich.
Sie teilen sich ein Kinderzimmer.
Heinz kann nicht laufen und sprechen.
Die Brüder tragen ihn überall hin.

Der Amts-Arzt sagt:
Heinz muss in ein besonderes Kranken-Haus.
Im November 1941 kommt Heinz in die Kinder-Fach-Abteilung.
Die Eltern denken: Heinz wird da wieder gesund.
Die Mutter vermisst ihren Heinz.
Die Mutter schreibt viele Briefe.
Der Arzt antwortet:
Heinz entwickelt sich nicht.
Sie soll sich keine Hoffnung machen.

Heinz stirbt am 21. Februar 1942.
Die Eltern sage: Das kann nicht sein.
Der Vater reist nach Lüneburg.
Er lässt den Sarg öffnen.
Da liegt Heinz mit einem Kopf-Verband.
Sein Gehirn ist raus-genommen.
Das erfährt die Familie nicht.

Heinz Schäfer

»Die drei Jungs sind zusammen großgeworden und haben sich sehr um den kleinen Bruder […] bemüht – sie haben ihn viel umhergetragen [und] mit ’nem kleinen Wagen umhergefahren.«

Gespräch mit Renate Maier. Heinz Schäfer ist ihr Cousin.

HEINZ SCHÄFER (1937-1942)

wurde in Bovenden bei Göttingen geboren. Seine Eltern Ella und Friedrich Schäfer hatten bereits zwei Söhne: Rolf und Friedrich. Die drei Jungs teilten sich ein Kinderzimmer. Da Heinz nicht gehen und sprechen lernte, trugen die Brüder ihn überall mit hin.


Auf Veranlassung des Göttinger Amtsarzt wurde Heinz am 3. November 1941 in die »Kinderfachabteilung Lüneburg« aufgenommen. Die Familie hoffte, dass Heinz laufen lerne und gesund werde. Voller Sehnsucht und Sorge um ihren Sohn schrieb die Mutter zahlreiche Briefe.


Die Antworten des ärztlichen Direktors Max Bräuner empörten und beunruhigten sie.
Heinz starb am 21. Februar 1942. Die Eltern konnten die Todesnachricht nicht glauben. Der Vater reiste nach Lüneburg und ließ den Sarg öffnen, um sich zu vergewissern, dass es wirklich sein Sohn ist. Heinz hatte einen verbundenen Kopf. Die Familie konnte sich das nicht erklären. Sie wussten nicht, dass Heinz‘ Leiche seziert und sein Gehirn entnommen worden war.


Fritz Wehde Junior

»[…] das hat ihn ganz tief getroffen, dass er nicht mal Abschied nehmen konnte von seinem Sohn.«

Interview mit Dirk Wehde, Neffe von Fritz Wehde.

FRITZ WEHDE JUNIOR (1939 – 1945)

wurde am 11. November 1939 in Horst bei Hannover geboren. Bei seiner Geburt war es zu Komplikationen und einer Hirnschädigung gekommen. Die gesamte Familie aber kümmerte sich um Fritz: seine Großeltern, seine Eltern, sein Bruder, seine Cousinen, die ihn im Bollerwagen herumfuhren, aber vor allem seine Tante Wilma, die er ganz besonders liebte.


Im Juli 1944 wurde die Amtsärztin Meyer auf Fritz Wehde aufmerksam und meldete ihn an den »Reichsausschuss«. Die Einweisung in die »Kinderfachabteilung Lüneburg« erfolgte auf polizeiliche Anordnung, also gegen den Willen der Eltern.


Fritz und seine Familie litten sehr unter der Trennung. Trotz vieler Bemühungen erhielt der Vater nur ein einziges Mal eine Besuchserlaubnis. Am 20. Januar 1945 starb Fritz Wehde. Bei der Beisetzung auf dem Anstaltsfriedhof konnte die Familie nicht anwesend sein, da sie keine Fahrerlaubnis erhalten hatte.


Fritz Wehde Junior

»[…] das hat ihn ganz tief getroffen, dass er nicht mal Abschied nehmen konnte von seinem Sohn.«

Gespräch mit Dirk Wehde. Fritz ist sein Onkel.

Fritz Wehde kommt aus Horst bei Hannover. Seine Geburt ist schwer.
Er bekommt einen Hirn-Schaden.
Die ganze Familie kümmerte sich um Fritz: seine Großeltern, seine Eltern, sein Bruder, seine Cousinen.
Besonders seine Tante Wilma.

Im Juli 1944 wird Fritz Wehde gemeldet.
An den Reichs-Ausschuss.
Das macht die Ärztin vom Gesundheit-Amt. Fritz Wehde muss in die Kinder-Fach-Abteilung. Die Eltern sagen: Nein!
Darum kommt Fritz mit Polizei-Gewalt ins besondere Kranken-Haus nach Lüneburg.

Fritz und seine Familie leiden.
Sie vermissen sich.
Der Vater darf Fritz nur 1 Mal besuchen.
Am 20. Januar 1945 stirbt Fritz Wehde.
Er wird auf dem Anstalts-Friedhof bestattet.
Die Eltern sind nicht dabei.
Sie bekommen keine Fahr-Erlaubnis.
Und keine Fahr-Karten.

Fritz Wehde Junior

»Und Fritzchens Mutter, Else,
hat nach Fritzchens Tod immer ein kleines Medaillon getragen, in dem ein Foto von ihr und Fritzchen drin verwahrt war.«

Gespräch mit Uta Wehde. Fritz war ihr Groß-Onkel.

Fritz Wehde kommt aus Horst bei Hannover. Seine Geburt ist schwer.
Er bekommt einen Hirn-Schaden.
Die ganze Familie kümmerte sich um Fritz: seine Großeltern, seine Eltern, sein Bruder, seine Cousinen.
Besonders seine Tante Wilma.

Im Juli 1944 wird Fritz Wehde gemeldet.
An den Reichs-Ausschuss.
Das macht die Ärztin vom Gesundheits-Amt. Fritz Wehde muss in die Kinder-Fach-Abteilung. Die Eltern sagen: Nein!
Darum kommt Fritz mit Polizei-Gewalt ins besondere Kranken-Haus nach Lüneburg.

Fritz und seine Familie leiden.
Sie vermissen sich.
Der Vater darf Fritz nur 1 Mal besuchen.
Am 20. Januar 1945 stirbt Fritz Wehde.
Er wird auf dem Anstalts-Friedhof bestattet.
Die Eltern sind nicht dabei.
Sie bekommen keine Fahr-Erlaubnis.
Und keine Fahr-Karten.

Fritz Wehde Junior

»Und Fritzchens Mutter, Else,
hat nach Fritzchens Tod immer ein kleines Medaillon getragen, in dem ein Foto von ihr und Fritzchen drin verwahrt war.«

Interview mit Uta Wehde, Nichte 2. Grades von Fritz Wehde Junior.

FRITZ WEHDE JUNIOR (1939 – 1945)

wurde am 11. November 1939 in Horst bei Hannover geboren. Bei seiner Geburt war es zu Komplikationen und einer Hirnschädigung gekommen. Die gesamte Familie aber kümmerte sich um Fritz: seine Großeltern, seine Eltern, sein Bruder, seine Cousinen, die ihn im Bollerwagen herumfuhren, aber vor allem seine Tante Wilma, die er ganz besonders liebte.


Im Juli 1944 wurde die Amtsärztin Meyer auf Fritz Wehde aufmerksam und meldete ihn an den »Reichsausschuss«. Die Einweisung in die »Kinderfachabteilung Lüneburg« erfolgte auf polizeiliche Anordnung, also gegen den Willen der Eltern.


Fritz und seine Familie litten sehr unter der Trennung. Trotz vieler Bemühungen erhielt der Vater nur ein einziges Mal eine Besuchserlaubnis. Am 20. Januar 1945 starb Fritz Wehde. Bei der Beisetzung auf dem Anstaltsfriedhof konnte die Familie nicht anwesend sein, da sie keine Fahrerlaubnis erhalten hatte.