Elfa Seipel

Elfa Seipel kommt aus der Stadt Schleswig.
Ihr Vater ist Chef von einem Restaurant für Soldaten.
Dort lernt sie viele Soldaten kennen.
Und sie hat Geschlechts-Verkehr mit ihnen.
Sie erkrankt an einer Geschlechts-Krankheit.
Die kann zu der Zeit noch nicht behandelt werden.
Sie ist sehr ansteckend.
Und die Krankheit zerstört nach ein paar Jahren das Gehirn.

Vorher heiratet Elfa ihren Ehe-Mann Ludwig Seipel.
Die Hochzeit ist an Heilig-Abend im Jahr 1923.
Das Ehepaar bekommt keine Kinder.
Sie streiten sich viel.
Ludwig will Elfa verlassen.
Er will die Scheidung.
Er zieht zu seinen Eltern in die Stadt Hannover.

Elfa wohnt dann alleine in der Stadt Uelzen.
Es geht ihr schlecht.
Weil sich ihr Gehirn verändert, hat sie Wahn-Ideen.
Sie bildet sich Sachen ein, die es gar nicht gibt.
Sie will sich sogar umbringen.

Sie kommt in die Anstalt in Lüneburg.
Damit das nicht passiert.
Der Bruder von Elfa will sie nach Hause holen.
Der Arzt Max Bräuner sagt: Nein!
Er ist der Chef von der Anstalt in Lüneburg.
Elfa muss bleiben.
Gegen ihren Willen.
Und gegen den Willen der Familie.

Elfa wird am 9. April 1941 in die »Aktion T4« verlegt.
Am 28. Mai 1941 wird sie in der Tötungs-Anstalt Hadamar ermordet.
Da ist sie 44 Jahre alt.

Der Ehemann Ludwig bekommt danach einen Trost-Brief von der Anstalt.
Da steht drin: Elfa ist am 10. Juni 1941 gestorben. An einem Hirn-Schlag.
Beides ist gelogen.
Elfa ist zwei Wochen früher ermordet worden.
Aber so bekam die Anstalt noch länger Pflege-Geld für Elfa.

Das ist ein Foto von Familie Piske.
Es ist Elfa mit ihren Eltern und Geschwistern.
Elfa trägt eine weiße Bluse.
Auf dem Foto ist Elfa etwa 18 Jahre alt.

Diese Post-Karte schreibt der Bruder von Elfa an seine Schwester Paula.
Das ist im Jahr 1927.
Er schreibt: Elfa geht es nicht gut.

Das ist der Trost-Brief von der Anstalt Hadamar an die Familie von Elfa.
Darin stehen Lügen.
Da steht eine falsche Todes-Ursache und ein falsches Datum.
Die Anstalt will den Mord an Elfa im Jahr 1941 verheimlichen.

Theresia Silker

Theresia Silker, geborene Klieve, war 49 Jahre alt, als sie in die »Aktion T4« verlegt und dort ermordet wurde. Sie wurde in Senden/Westfalen geboren und heiratete 1916 mit 23 Jahren den Schlosser und Schmied Bernhard Silker. Das Paar zog nach Lingen ins Emsland. Im April 1917 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Während der Schwangerschaft mit dem zweiten Kind erkrankte Theresia. Es zeigten sich erste Symptome einer Psychose.

Während ihres ersten Aufenthaltes brachte sie im ehemaligen Kloster Gertrudenberg in Osnabrück im Dezember 1918 ihr zweites Kind zur Welt. Zu früh geboren, starb die Tochter nach zwei Tagen. Im Februar 1919 wurde Theresia versuchsweise entlassen. Doch sie erholte sich von ihrer Erkrankung nicht und musste erneut eingewiesen werden. Da sie inzwischen wieder bei ihren Eltern in Senden gemeldet war, konnte sie im Herbst 1920 in der katholischen Einrichtung Marienthal in Münster aufgenommen werden, die auch eine Mitnahme von Kindern ermöglichte. Die Familie bemühte sich darum, Mutter und Sohn nicht zu trennen.

Als sich Theresias Gesundheitszustand nicht besserte, kam sie ein zweites Mal in die Anstalt Gertrudenberg. Fünf Jahre später wurde Theresia in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt. Ihr Mann war 1926 nach Buchholz i. d. Nordheide gezogen, wodurch nun die Lüneburger Anstalt für sie zuständig wurde. Nach 20 Jahren Anstaltsaufenthalt wurde Theresia am 30. April 1941 von Lüneburg über Herborn nach Hadamar verlegt und am 16. Juni 1941 ermordet.

Nach ihrem Tod ging Bernhard Silker Ende 1941 zurück nach Hiltrup. Ein halbes Jahr später kehrte er nach Buchholz zurück und starb wenige Monate später im November 1942.

Charakteristik Theresia Silker.

Von Theresia Silker, wie von vielen Frauen, die in Hadamar ermordet wurden, gibt es kein Foto. Auch sind die Krankenakten oft nicht vollständig vorhanden. Wenn überhaupt, gibt es eine Charakteristik, auf der auf zwei Seiten wesentliche persönliche Daten und höchstens das Aufnahmegutachten als Abschrift erhalten geblieben sind.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 2004/066 Nr. 09412.

Meldebogen Theresia Silker.

Auf Basis von Meldebögen, die Anstalten und Heime gemäß der eingeführten Meldepflicht ausfüllten und an die »T4«-Zentrale schickten, wurden Verlegungslisten zusammengestellt. Da die ursprünglichen Verlegungslisten verloren gegangen sind, wurde nachträglich, im Zusammenhang mit staatsanwaltlichen Ermittlungen, eine weitere Liste der Verlegungen von Herborn nach Hadamar zusammengestellt. Sie dokumentiert auch den tatsächlichen Todestag.

Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Abt. 461 Akte 32061 Bd. 17, S. 82.

Elfa Seipel

Elfa Seipel, geb. Piske, wurde am 6. Mai 1897 in Schleswig geboren. Elfa besuchte die Volksschule in Rendsburg, ihr Vater betrieb ein Offizierskasino. Vermutlich infizierte sich Elfa schon als Jugendliche bzw. junge Erwachsene mit »Syphilis«, einer damals weit verbreiteten Geschlechtskrankheit. Am 24. Dezember 1923 heiratete Elfa den Zahlmeister Ludwig Seipel. Bis 1931 lebte das Paar in Soltau. Die Ehe blieb kinderlos. 1932 schlug Ludwig die höhere Beamtenlaufbahn ein, zog hierfür vorübergehend zu seinen Eltern nach Hannover. Elfa bezog alleine eine Wohnung in Uelzen.

Gesundheitlich ging es ihr inzwischen schlecht. Infolge der »Syphilis« entwickelte sie Wahnideen, und sie unternahm einen Suizidversuch. Daraufhin wurde sie mit der Diagnose »progressive Paralyse« in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eingewiesen. Ihr Bruder Otto versuchte 1936, die Entlassung zu erwirken, um seine Schwester durch die Mutter zu Hause pflegen zu lassen. Das wurde von Anstaltsdirektor Max Bräuner abgelehnt, weil ihr Aufenthaltsort dann nicht mehr im Einzugsgebiet der Anstalt gelegen hätte. Elfa Seipel wurde im Alter von 43 Jahren am 9. April 1941 in die Zwischenanstalt Herborn und von dort am 28. Mai 1941 in die Tötungsanstalt Hadamar verlegt.

Die Familie erfuhr zwölf Tage später in einem »Trostbrief« von ihrem Tod. Die offizielle Todesursache lautete »Hirnschlag«. Die Familie hatte von Anfang an den Verdacht, dass Elfas Tod keine unmittelbare Folge ihrer Krankheit war.

Gruppenbild der Familie Piske, ca. 1914, Elfa ist vorne links in weißer Bluse zu erkennen.

Privatbesitz ?

»[…] schade, daß Elfa es nicht gut hatte«, schrieb Elfas Bruder Wilhelm Piske in einer Postkarte von seiner Hochzeitsreise an seine Schwester Paula. Elfas Erkrankung trat zur Hochzeit ihres Bruders im Jahr 1927 erstmals auf.

Privatbesitz Ulla Bucarey.

Den Familien der Opfer wurde die Sterbemitteilung in Form eines »Trostbriefes« zugesandt. Elfas Familie wurde am 31. Mai 1941 über die »planwirtschaftliche Verlegung« von Lüneburg nach Herborn informiert. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits drei Tage tot. Im »Trostbrief« wird behauptet, Elfa sei am 10. Juni 1941 (zugleich Datum des »Trostbriefes«) infolge eines »Hirnschlages« gestorben. Die fingierte Todesursache sollte den Mord vertuschen. Die Verlegung des offiziellen Sterbedatums ein bis zwei Wochen nach hinten ermöglichte es der »T4«-Zentrale, für diesen Zeitraum noch Pflegegeld abzurechnen.

Staatsarchiv Sigmaringen Wü 42 T 60 Nr. 344.

Theresia Silker

Theresia Silker wird mit 49 Jahren ermordet.
Sie ist ein Opfer der »Aktion T4«.
Sie ist in Senden geboren.
Das liegt in Westfalen.
Mit 23 Jahren heiratet sie den Schlosser und Schmied Bernhard Silker.

Ein Jahr später bekommen sie einen Sohn.
Nach einem Jahr ist Theresia wieder schwanger.
Sie hat für ein zweites Kind keine Kraft.
Sie wird krank.
Sie kommt in eine Anstalt.
Dort bringt sie eine Tochter zur Welt.
2 Tage später stirbt die Tochter.
Das Mädchen wurde viel zu früh geboren.

Theresia Silker bleibt krank.
Sie ist viele Jahre Patientin in der Anstalt.
15 Jahre ist sie Patientin in Lüneburg.

Am 30. April 1941 kommt sie in die »Aktion T4«.
Sie wird in eine Anstalt in Herborn verlegt.
Das ist geheim.
Ihr Ehemann und ihr Sohn erfahren davon viel zu spät.
Am 16. Juni 1941 kommt sie von Herborn in die Tötungs-Anstalt Hadamar.
Am gleichen Tag wird sie in der Gas-Kammer ermordet.

Von Theresia gibt es kein Foto.
Es gibt nur ein paar Blätter aus ihrer Kranken-Akte.

Das ist eine Verlegungs-Liste.
Darauf stehen die Namen der ermordeten Frauen.
Und ihr Geburts-Datum.
Und der Tag, an dem sie in die »Aktion T4« kommen.
Sie wurden von Lüneburg in eine Tötungs-Anstalt gebracht.
Dort wurden sie ermordet.

Wilhelm Güthling

Wilhelm Güthling wird 1886 in Lüne-Burg geboren.
1907 kommt er zum ersten Mal in die Lüne-Burger Anstalt.
Das ist ein besonderes Kranken-Haus.
Da ist er 21 Jahre alt.
Die Ärzte sagen:
Wilhelm ist schwach-sinnig.

Wilhelm ist nicht immer in der Anstalt.
Manchmal ist er in der Anstalt.
Manchmal arbeitet er in einer Fabrik.
Oder in der Land-Wirtschaft.
Er arbeitet nicht immer gerne.
Er ist auch mal im Armen-Haus.
Einmal kommt er für drei Tage ins Gefängnis.
Weil er bettelt.

Im Jahr 1933 kommt er wieder in die Anstalt.
Danach kommt er nicht mehr raus.
Im Jahr 1934 sagt das Erb-Gesundheits-Gericht Lüne-Burg:
Wilhelm Güthling soll sterilisiert werden.
Das heißt er soll un-frucht-bar gemacht werden.
Er soll keine Kinder mehr bekommen.

Wilhelm ist jetzt immer in der Anstalt.
Er kann keine Frau kennen lernen.
Er kann kein Kind machen.
Trotzdem wird er operiert.
Im Lüne-Burger Kranken-Haus
Er wird zwangs-sterilisiert.

Danach steht nicht mehr viel in Wilhelms Kranken-Akte.
Im Jahr 1941 schreibt ein Arzt:
Wilhelm ist verrückt.
Das schreibt der Arzt weil Wilhelm sterben soll.

Im April 1941 kommt Wilhelm in die Anstalt Herborn.
Von dort kommt er in die Tötungs-Anstalt Hadamar.
Dort wird er in der Gas-Kammer ermordet.
Das ist am 21. Mai 1941.
Wilhelm ist 55 Jahre alt.

Das ist eine Kranken-Akte. Es ist die Akte von Wilhelm Güthling. In dieser Akte machte der Arzt Notizen. Dort steht auch eine Diagnose von Wilhelms Krank-Heit.