Rudolf Hagedorn

Rudolf Hagedorn hat zwei Geschwister.
Sein Bruder heißt Kurt.
Seine Schwester heißt Ingrid.
Der Vater ist Soldat im Krieg.
Die Mutter ist bei ihren Kindern.

Sie kommen aus Pommern.
Das ist weit weg.
Das ist heute Polen.
Sie sind von dort nach Deutsch-Land geflüchtet.

Die Mutter muss arbeiten.
Rudolf passt auf seine Geschwister auf.
Er bringt Ingrid das Laufen bei.
Er hilft Ingrid und Kurt.
Er ist wie ein Vater für sie.

Nach der Flucht haben sie kein Zu-hause.
Sie haben keine eigene Wohnung.
Sie haben nur ein Zimmer.
Sie mieten es.
Sie sind vier und teilen sich das kleine Zimmer.
Dort gibt es auch Mäuse.

Der Vermieter ist kein guter Mensch.
Er mag keine Kinder.
Er ist böse zu ihnen.
Er mag auch Rudolf nicht.
Weil er Anfälle hat.

Der Vermieter geht zur Polizei.
Er sagt der Polizei:
Rudolf ist krank.
Rudolf muss in ein besonderes Kranken-Haus.
Seine Mutter will das nicht.
Sie sagt: Nein!

Aber die Polizei bringt Rudolf in das besondere Kranken-Haus.
Es ist egal was die Mutter und Rudolf wollen.
Die Mutter kann Rudolf nicht besuchen.
Sie hat kein Auto.
Sie hat kein Fahrrad.
Sie muss die Bahn nehmen.
Aber sie bekommt keinen Fahr-Schein.
Rudolf ist allein.
Er muss im Kranken-Haus arbeiten.
Er macht schwere Feld-Arbeit.
Das findet er nicht gut.
Er versucht weg-zu-laufen.
Er bekommt kaum zu essen.

Lange Zeit hat er keine Anfälle.
Deswegen sag ein Arzt:
Rudolf darf wieder nach Hause.
Aber dafür ist er zu schwach.

Rudolf schafft es nicht.
Er kommt nicht mehr nach Hause.
Er stirbt.
Er verhungert.
Das ist im Juni 1945.
Da ist der Krieg schon lange vorbei.
Da stirbt keiner mehr an Hunger.
Aber Rudolf.
Er ist fünf-zehn Jahre alt als er stirbt.

Seine Mutter weiß nichts davon.
Sie reist nach Lüneburg.
Sie will ihn besuchen.
Da ist er schon begraben.
Eine Pflegerin gibt ihr seine Sachen.
Sie sind dreckig.
Von der Feld-Arbeit.
Die Pflegerin sagt ihr:
Rudolf liegt auf dem Fried-Hof.

Tötungs-Anstalt und Gedenk-Stätte Hadamar

Die Gedenk-Stätte Hadamar ist ein besonderes Museum.
Es ist in einem Kranken-Haus.
Zwischen den Jahren 1941 und 1945 ist es eine Tötungs-Anstalt.

Dort werden über 14 Tausend Menschen ermordet.
Von Ärzten und Pflegern.
In der Zeit des National-Sozialismus.
Die Menschen haben eine Behinderung.
Oder sie haben eine seelische Erkrankung.

Die Menschen werden in einem Keller mit Gas ermordet.
Sie ersticken.
352 Menschen sind Patienten aus Lüne-Burg.
Sie sind Opfer des National-Sozialismus.
Nur einer über-lebt.

Im Sommer 1941 hört das Morden mit Gas auf.
Ab dann morden die Ärzte und Pfleger mit Medikamenten.
Oder sie geben den Patienten nichts zu essen.
Über 4 Tausend Menschen sterben so.
Auch jüdische Kinder.
Und Menschen aus dem Aus-Land.

In der Tötungs-Anstalt gibt es ein spezielles Amt.
Es ist nur dafür da Urkunden zu schreiben.
Über die Ermordeten.
Die Urkunden sind gefälscht.
Darin steht ein falscher Todes-Tag.
Darin steht ein falscher Todes-Grund.
Die Familien der Ermordeten werden belogen.

Die Ärzte und Pfleger morden nicht nur in dem Kranken-Haus.
Sie gehen nach Polen.
Das ist ein Nachbar-Land von Deutsch-Land.
Dort bauen sie Konzentrations-Lager.
Dort werden fast 2 Millionen Menschen ermordet.

Der National-Sozialismus endet im Frühjahr 1945.
Amerikanische Soldaten kommen in das Kranken-Haus in Hadamar.
Sie finden Leichen.
Sie finden die fast verhungerten Menschen.
Sie drehen darüber einen Film.
Den müssen Deutsche angucken.
Sie sollen lernen:
Das darf nicht wieder passieren.
Die Ärzte und Pfleger kommen vor 3 Gerichte.
Sie bekommen Strafen.

Im Jahr 1953 wird eine Gedenk-Tafel eingeweiht.
Im Jahr 1964 wird der Fried-Hof neu gemacht.
Vor 50 Jahren gibt es eine Aus-Stellung.
Über den Patienten-Mord in Hadamar.
Sie steht im Keller.
Da wo die Menschen ermordet wurden.

Vor 40 Jahren entscheidet das Land Hessen:
Es muss ein besonderes Museum geben.
Es muss eine neue Aus-Stellung geben.

Bis 2025 wird das besondere Museum neu gemacht.
Es wird eine dritte Ausstellung geben.
Dafür wird viel geforscht.
Das bezahlt die deutsche Bundes-Regierung.

Das ist ein Mahn-Mal in der Gedenk-Stätte Hadamar.

Das ist ein Foto von einer Gas-Kammer im besonderen Museum in Hadamar.

Das ist ein Foto von einer Garage. Die Patienten wurden mit Bussen transportiert. In dieser Garage haben die Busse geparkt.

Tötungs-Anstalt und Gedenk-Stätte Pirna-Sonnen-Stein

Die Gedenk-Stätte Pirna-Sonnen-Stein ist ein besonderes Museum.
Es ist in einem Kranken-Haus.
Es ist eine Anstalt.
Es ist die älteste Anstalt in Deutsch-Land.
Sie ist in einem Schloss.

In den Jahren 1940 und 1942 ist es eine Tötungs-Anstalt.
Dort werden über 13 Tausend Menschen ermordet.
Von Ärzten und Pflegern.
In der Zeit des National-Sozialismus.
Die Menschen haben eine Behinderung.
Oder sie haben eine seelische Erkrankung.

Die Menschen werden in einem Keller mit Gas ermordet.
Sie ersticken.
123 sind Patienten aus Lüne-Burg.
Sie sind Opfer des National-Sozialismus.
Keiner über-lebt.

Im Sommer 1941 hört man nicht auf mit Gas zu morden.
Jetzt ermordet man auch Menschen ohne Behinderungen.
Und ohne seelische Erkrankungen.
Man ermordet besondere Gefangene.
Sie sind besonders weil sie un-schuldig sind.
Sie haben kein Verbrechen begangen.
Trotzdem werden sie ein-gesperrt.

Sie sind Gefangene in einem Konzentrations-Lager.
Das ist ein besonderes Gefängnis.
Da sind Menschen verhaftet die die National-Sozialisten nicht mögen.
Zum Beispiel Juden.
Oder Menschen mit einer anderen Meinung als die National-Sozialisten.
Oder Schwule.
Oder Menschen mit einer anderen Sprache und Lebens-Weise.
In dem Konzentrations-Lager müssen die Gefangenen arbeiten.
Bis zur Erschöpfung.
Und sie bekommen nicht genug Essen.
Sie werden krank.
Dann entscheidet ein Arzt:
Der Gefangene muss sterben.
Weil er nicht mehr arbeiten kann.
Und krank ist.

Diese Gefangenen kommen nach Pirna-Sonnen-Stein.
Sie werden mit Gas ermordet.
Genauso wie die Menschen mit Behinderung.
Über 1 Tausend Menschen sterben auf diese Weise.

In der Tötungs-Anstalt gibt es ein spezielles Amt.
Es ist nur dafür da Urkunden zu schreiben.
Über die Ermordeten.
Die Urkunden sind gefälscht.
Darin steht ein falscher Todes-Tag.
Darin steht ein falscher Todes-Grund.
Die Familien der Ermordeten werden belogen.

Die Ärzte und Pfleger morden nicht nur in dem Kranken-Haus.
Sie gehen nach Polen.
Das ist ein Nachbar-Land von Deutsch-Land.
Dort bauen sie Konzentrations-Lager.
Dort werden fast 2 Millionen Menschen ermordet.

Im Jahr 1942 hört der Patienten-Mord in Pirna-Sonnen-Stein auf.
Alle Spuren werden verwischt.
Alles bleibt geheim.

Dann endet der Krieg.
Die Ärzte und Pfleger kommen vor ein Gericht.
2 Ärzte und 2 Pfleger bekommen die Todes-Strafe.

Im Jahr 1989 treffen sich Menschen aus Pirna.
Sie wollen die Geschichte und die Wahrheit wissen.
Im Jahr 1991 gibt es eine Aus-Stellung.
Sie wird im Keller gezeigt.
Es ist der Keller wo der Mord passiert ist.
Im Jahr 2000 gibt es eine neue Aus-Stellung.
Sie ist im Dach-Geschoss im Schloss.
Die Anstalt wird zu einem besonderen Museum.

Das reicht den Menschen in Pirna nicht.
Darum gibt es 16 Tafeln in der Stadt.
Darauf gibt es Informationen zum Patienten-Mord.
Und es gibt bunte Kreuze.
Die Tafeln und die Kreuze führen zur Gedenk-Stätte.

Das ist eine alte Post-Karte.

Sie zeigt den Fluss Elbe.

Und das Kranken-Haus.

Diese Post-Karte hat vor langer Zeit jemand ver-schickt.

Deswegen ist die Post-Karte be-schrieben.

Das ist ein Foto der Gedenk-Stätte.

Das ist ein besonderes Museum.

Das ist ein Foto von heute.

So sieht es dort aus.

Stolper-Steine

An die Opfer des Patienten-Mordes muss erinnert werden.
Das ist wichtig.
Es passiert mit einem Gedenk-Zeichen.
Das ist zum Beispiel eine Gedenk-Tafel.
Es gibt sehr kleine Gedenk-Tafeln.
Sie sind so groß wie ein Bier-Deckel.
Sie sind aus Metall.
Auf ihnen steht der Name des Opfers.
Und der Geburts-Tag.
Und der Todes-Tag.
Und wie er oder sie ermordet wurde.

Diese kleinen Gedenk-Tafeln werden auf einem Geh-Weg verlegt.
Auf dem Fuß-Boden.
Man kann über sie drüber laufen.
Das soll man aber nicht.
Man soll darüber stolpern.
Darum heißen die Gedenk-Tafeln Stolper-Steine.

In Lüne-Burg gibt es viele Stolper-Steine.
Sie erinnern an die Opfer des Patienten-Mordes.

5 Stolper-Steine liegen vor dem besonderen Museum.
Sie erinnern an diese Opfer:

An das Kind Bernhard Filusch.
An das Kind Edeltraud Wölki.
An das Kind Charlotte Regenthal.
An das Kind Dieter Lorenz.
An den Mann Heinrich Biester.

Es gibt aber auch Stolper-Steine in der Innen-Stadt in Lüne-Burg.
Sie erinnern an diese Opfer:

An die Frau Anna Friebe.
An die Frau Therese Schubert.
An den Mann Theodor Jenckel.
An das Kind Mariechen Petersen.
An das Kind Inge Roxin.
An das Kind Jürgen Endewardt.

Bernhard Filusch hat zwei Stolper-Steine.
Einen vor dem besonderen Museum.
Und einen zweiten vor seinem letzten Zuhause.

Für die Opfer des Lüne-Burger Patienten-Mordes gibt es auch wo-anders Stolper-Steine.

Stolper-Stein für Anna Friebe.

2011 gab es vor der Gedenk-Stätte Lüneburg nur drei Stolper-Steine.

2019 sind zwei neue Stolper-Steine vor der Gedenk-Stätte verlegt worden.

De-Zentrale Euthanasie

De-Zentrale Euthanasie heißt also der Mord an Psychiatrie-Patienten.
Egal in welchem Heim.
Und egal in welchem besonderen Kranken-Haus.

Das fängt nach der Aktion T4 an.
Und es geht bis weit nach dem Krieg.
Der Krieg endet im Mai 1945.
Aber die De-Zentrale Euthanasie geht noch 1 Jahr länger.
1 Jahr länger werden Patienten ermordet.
Obwohl der Krieg aus ist.

Die Patienten werden mit Medikamenten ermordet.
Sie bekommen zu viel von dem Medikament.
Sie werden vergiftet.
Sie sterben an einer Über-Dosis von dem Medikament.

Oder die Patienten sterben an Hunger.
Die Ärzte und Pfleger geben ihnen nichts zu essen.
Und auch nichts zu trinken.

Oder die Patienten sterben an einer Lungen-Tuberkulose.
Das ist eine tödliche Krankheit.
Sie ist sehr ansteckend.
Die Patienten stecken sich in den Anstalten und Kliniken an.
Das darf eigentlich gar nicht sein.
Wegen der notwendigen Sauberkeit und Hygiene in Kranken-Häusern.
Und es stecken sich auch nicht alle an.
Nur die die die National-Sozialisten nicht haben wollen.
Nur die die sterben sollen stecken sich an.
Vielleicht passiert das mit Absicht?
Das wird gerade erforscht.

Im Jahr 1944 werden besonders viele Patienten ermordet.
Der Grund ist:
Die Krankenzimmer werden gebraucht.
Zum Beispiel als Schule.
Oder als Amt.
Weil die eigentliche Schule durch eine Bombe zerstört ist.
Und das Amt auch.

Insgesamt werden über 2 hundert Tausend Patienten ermordet.
Sie sind Opfer der de-zentralen Euthanasie.
Die genaue Zahl ist nicht bekannt.
Weil fast in jedem Heim und in jeder Anstalt gemordet wird.
Im National-Sozialismus.
Am meisten in den Anstalten
Hadamar
Pfafferode
Und Meseritz-Obra-Walde.
Da sterben viele Tausend Menschen mit Behinderungen und seelischen Erkrankungen.
An zu viel Medikamenten.
An Hunger.
An Tuberkulose.