Christian Meins

Christian Meins ist am 10. Juni 1939 geboren.
Seine Eltern heißen Gretel und Hermann.
Sie sind gegen die Nazis.
Gretel ist Köchin.
Hermann ist Elektriker.

Christian ist das erste Kind.
Er hat eine Behinderung.
Seit seiner Geburt.

Christian entwickelt sich nicht gut.
Er hat Anfälle.
Er klappert gerne mit Türen.
Die Eltern machen sich Sorgen.
Sie fragen sich:
Was ist mit Christian los?
Wieso klappert er mit Türen?

Hermann arbeitet ganz viel.
Er braucht das Geld von der Arbeit.
Um einen Heil-Praktiker zu bezahlen.
Der unter-sucht Christian.

Die Eltern sind aber auch sehr glücklich über Christian.
Er ist ihr Prinz.
Er ist ihr Lieblings-Kind.

1942 gibt es einen Bomben-Angriff.
Das Wohn-Haus von Christian wird getroffen.
Es wird zerstört.
Sie haben kein zu Hause mehr.
Christian und die Eltern müssen weg aus Hamburg.

Sie kommen nach Burg-Dorf.
Dort fällt Christian auf.
Er muss zum Gesundheits-Amt.
Dort wird er von einem Arzt unter-sucht.
Der Arzt sagt:
Christian ist behindert.
Er darf nicht bei seiner Familie bleiben.
Sie können ihn nicht mit-nehmen.
Christian gehört in eine Kinder-Fach-Abteilung.
Sofort.

Hermann bringt seinen Sohn in die Kinder-Fach-Abteilung.
Das ist zwei Tage nach dem Besuch des Gesundheits-Amtes.
Hermann geht zurück nach Hamburg.
Er beschafft eine neue Unterkunft.
Danach kehrt Gretel mit ihren Eltern zurück.

Christian wurde ermordet.
Er ist ein Opfer des Patienten-Mordes der Nazis.
Das ist im August 1943.

Christian Meins liegt auf dem Zentral-Fried-Hof.
Das wollte Christians Vater.
Christians Grab ist auch ein Kriegs-Grab.
Darum ist das Grab heute noch da.
Christians Schwester Heidi sucht das Grab 20 Jahre.
Heidi glaubt:
Ich finde das Grab nicht mehr.

Das ist ein Foto von Christian.
Christian wohnt in Hamburg.
Das Foto ist von 1941.
Auf dem Foto ist Christian 2 Jahre alt.

Das ist eine Post-Karte.
Darauf steht:
Christian ist das wichtigste.
Alles andere ist nicht wichtig.

Von dieser Post-Karte gibt es viele.
Auf einer steht:
Christian ist an einer Rauch-Vergiftung gestorben.
Er soll zu viel Rauch geatmet haben.
Bei einem Bomben-Angriff in Hamburg.
Aber das stimmt nicht.
Die Post-Karte ist aus dem Jahr 1942.

Gretel kann ihren Christian nicht besuchen.
Sie ist zu weit weg.
Sie ist in der Nähe von Coburg.
Sie schreibt einen Brief.
Darin steht:
Ich kann Christian nicht besuchen.
Wie geht es ihm?
Der Brief kommt an.
Aber da ist Christian schon tot.

Christians Name steht auf einem Erinnerungs-Stein.
Dieser Stein steht auf einem anderen Fried-Hof in Hamburg.
Doch im Herbst 2021 findet Heidi das richtige Grab.
Nun kann sie sich an ihren Bruder erinnern.
In Hamburg und in Lüneburg.

Helga Volkmer

Helga Marie Volkmer wurde am 19. März 1933 in Westerwesede, Kreis Rotenburg, geboren. Helga hatte drei Geschwister. Die Eltern Johann und Marie Volkmer bewirtschafteten zehn Morgen Pachtland und besaßen Kühe. 1939 wurde Helgas Aufnahme in eine Anstalt beantragt, weil man unterstellte, die Mutter sei mit der Beaufsichtigung ihrer Kinder neben der Arbeit auf dem Hof überfordert: » […] da sie [die Mutter] durch die Betreuung ihrer Kinder und durch die Versorgung der eigenen Landwirtschaft (3 Stück Rindvieh) ausgiebig in Anspruch genommen ist.«

Helga Volkmer wurde am 5. Juni 1939 in die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission aufgenommen. Dort diagnostizierten Ärzte einen »Wasserkopf«. Zwischen Juni 1939 und August 1941 gab es keine Einträge in ihre Krankenakte, obwohl sie zwischenzeitlich an Diphtherie und Scharlach erkrankt war. Helga Volkmer wurde am 9. Oktober 1941 in die Lüneburger »Kinderfachabteilung« verlegt. Der erste Lüneburger Eintrag in die Krankengeschichte erfolgte am 19. November 1941. Bereits der zweite Eintrag beschrieb ihr Sterben. Die Eltern wurden mit einem Standardschreiben vorab auf den bevorstehenden Tod vorbereitet: »Ihre Tochter Helga ist seit einigen Tagen hochfieberhaft erkrankt. Bei ihrer allgemeinen Hinfälligkeit ist ihr Zustand nicht unbedenklich.«

Helga Volkmer starb am 30. November 1941. Sie ist eines der ersten Opfer der Lüneburger »Kinder-Euthanasie«. Nach ihrem Tod wurde ihr Gehirn entnommen und ihr Leichnam seziert. Als offizielle Todesursache notierte der Arzt Willi Baumert: Lungenentzündung. Sie wurde als fünftes Kind auf dem »Kindergräberfeld« des Anstaltsfriedhofs bestattet. Ihre Mutter reiste zur Beerdigung, jedoch zu spät. Helga war bereits bestattet worden.

Helga Volkmer mit ihrem Bruder Helmut und der Kindergärtnerin Ilse, ca. 1935.

Privatbesitz Marlene Volkmer.

Helga Volkmer (mitte) mit ihren Geschwistern Anita und Helmut, ca. 1939.

Privatbesitz Marlene Volkmer.

Brief an Johann Volkmer, 28.11.1941.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 442.

Todesanzeige Helga Volkmer, 1.12.1941.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 442.

Helga Volkmer

Helga Volkmer wird am 19. März 1933 geboren.
Ihre Eltern sind Johann und Marie Volkmer.
Sie sind Bauern.
Sie kommen aus Westervesede.
Helga hat drei Geschwister.
Im Jahr 1939 soll Helga in eine Anstalt kommen.
Da ist Helga ist sechs Jahre alt. Ein Arzt sagt:
Die Mutter muss viel arbeiten.
Sie kann nicht auf ihre Kinder aufpassen.
Die Kinder müssen in eine Anstalt.

Unten ist der Brief von dem Arzt.
Darin steht:
Helga ist schwer krank.
Sie wird bald sterben.
Der Brief soll die Eltern vor-bereiten auf den Tod ihrer Tochter.

Nach sieben Wochen stirbt Helga.
Sie wird mit Medikamenten ermordet.
Man gibt ihr zu viele davon.
Das passiert am 30. November 1941.
Der Arzt behauptet:
Helga ist an einer Lungen-Entzündung gestorben.
Das ist eine Lüge.
Nach ihrem Tod entnimmt der Arzt ihr Gehirn.
Er untersucht es.
Er will heraus-finden:
Warum hatte Helga eine Behinderung.
Danach wird Helga begraben.
Sie ist das fünfte Kind,
das auf dem Fried-Hof der Anstalt begraben wird.

Die Mutter von Helga fährt nach Lüneburg.
Sie will zur Beerdigung ihrer Tochter.
Aber sie ist zu spät.
Helga ist schon begraben.

Auf dem Bild ist Helga Volkmer mit ihrem Bruder Helmut.
Die Frau heißt Ilse.
Sie ist die Kinder-Gärtnerin in Westervesede.
Sie passt manchmal auf Helga und Helmut auf.
Auf dem Bild ist Helga noch keine zwei Jahre alt.

Auf dem Bild ist Helga Volkmer mit ihren Geschwistern.
Links neben ihr ist ihre Schwester Anita.
Rechts neben ihr ist ihr Bruder Helmut.
Helga hockt in der Mitte.
Auf dem Bild ist Helga etwa fünf Jahre alt.

Das ist der Brief von dem Arzt.
Darin steht Helga ist schwer krank.
Sie wird bald sterben.
Der Brief soll die Eltern vor-bereiten auf den Tod ihrer Tochter.

Das ist die Todes-Anzeige von Helga.
Darin steht:
Helga hatte eine Kinder-Lähmung.
Helga starb an einer Lungen-Entzündung.
Das ist gelogen.
Helga wurde ermordet.

Marianne Begemann

Marianne Begemann ist 1929 in Esens geboren.
Das ist ein Ort im Land-Kreis Wittmund in Ost-Fries-Land.
Ost-Fries-Land ist im Norden in Deutsch-Land.
Der Vater ist Bauer.
Zur Geburt von Marianne arbeitet er in der Molkerei.
Er melkt Kühe.
Marianne hat 3 ältere Brüder.

Marianne ist 2 Jahre alt.
Da kommt sie in ein Kinder-Heim.
Sie kann nicht laufen.
Und nicht sprechen.
Sie braucht Hilfe beim Essen und Trinken.
Das schafft die Mutter nicht.

Die Mutter von Marianne hat eine seelische Erkrankung.
Sie ist Patientin in verschiedenen Anstalten.
Da ist Marianne 5 Jahre alt und älter.
Deswegen muss sie oft ins Kinder-Heim.

Die Mutter holt Marianne immer wieder aus dem Heim. .
Sie probiert es alleine.
Aber sie schafft es nicht.
Dann bringt sie Marianne wieder zurück ins Heim.

Im Jahr 1940 muss Marianne zum Gesundheits-Amt.
Der Arzt sagt:
Marianne hat eine Behinderung.
Die Mutter kann sich nicht um sie kümmern.
Marianne wird zu groß und zu schwer.
Und sie wird bald eine Frau.
Das ist zu viel für die Mutter.

Marianne muss in eine Anstalt.
Eine Anstalt ist ein besonderes Kranken-Haus.
Sie kommt nach Roten-Burg.
Dort wird sie nicht gut behandelt.
Der Arzt und die Pfleger kümmern sich schlecht um sie.

Im Oktober 1941 kommt Marianne nach Lüne-Burg.
Dort gibt es ein besonderes Kranken-Haus.
Sie kommt in die Kinder-Fach-Abteilung.
Sie wird krank.
Weil sie zu viel von einem Medikament bekommt.
Sie soll sterben.
Am 20. Dezember 1941 stirbt Marianne.
Sie wird ermordet.

Man nimmt ihr das Gehirn aus dem Kopf.
Und schickt es wird in ein Kranken-Haus nach Hamburg.
Die Ärzte forschen an dem Gehirn.
Sie wollen wissen:
Warum hatte Marianne eine Behinderung?
Sie schreiben die Ergebnisse in ein Buch.
Sie schreiben ihren Namen falsch:
Marianne BERG-mann.

Marianne wird auf dem Fried-Hof der Anstalt beerdigt.
Man schreibt ihren Namen wieder falsch:
Marianne BEG-mann.

Nach dem Krieg wird das Gehirn von Marianne vergessen.
Über 70 Jahre lang.
Dann werden Teile von ihrem Gehirn in einem Kranken-Haus-Keller gefunden.
Es ist nicht sicher ob sie zu Marianne gehören.
Ihr Name ist ja nicht richtig geschrieben.

Alles wird überprüft.
Und es stimmt.
Das Gehirn ist das von Marianne BEGE-mann.

Die Teile von ihrem Gehirn werden beerdigt.
Auf dem Fried-Hof Nord-West.
Das ist am 25. August 2013.
Jetzt ist da eine Gedenk-Anlage.

Auf dem Foto ist Mariannes Familie.

Das Foto ist sehr alt.

Auf dem Foto ist die Groß-Mutter.

Auch der Vater und ein Onkel von Marianne.

Es ist schwarz-weiß.

Damals gab es noch keine Farb-Fotos.

Yvonne Mennen

Yvonne Mennen ist 1938 in den Nieder-Landen geboren.
Das ist ein Nachbar-Land von Deutsch-Land.
Sie hat 10 Geschwister.
5 sterben.

Ihre Mutter Ida ist Haus-Frau.
Sie hat kein Geld.
Der Vater ist ohne Arbeit.
Er hat keine Staats-Bürgerschaft.
Er darf nicht in Holl-Land leben.
Er ist ohne Rechte.
Deswegen leben 3 Kinder in einem Kinder-Heim.

Der Vater Hinderk Mennen wird Soldat.
Dafür bekommt er Rechte.
Er darf in Deutsch-Land leben.
Aber er muss im Krieg kämpfen.
Darum kann er seiner Frau nicht helfen.

Der Krieg kommt auch in die Nieder-Lande.
Es fallen viele Bomben.
Es wird gefährlich.
Die Mutter muss mit den Kindern flüchten.
Sie muss weg-gehen.
Damit die Bomben sie nicht treffen.

Sie geht mit den Kindern nach Deutsch-Land.
Sie denkt:
Da ist mein Mann Hinderk.
Ich will zu ihm.
Aber sie finden ihn nicht.
Und sie finden kein neues Zu-hause.
Sie müssen in ein Flüchtlings-Lager.
Aber da können sie nicht bleiben.

Sie müssen in einem Stall wohnen.
Da gibt es keine Möbel.
Da gibt es kein frisches Wasser.
Da kann man sich nicht waschen.
Sie sind sehr arm.
Die Mutter ist verzweifelt.
Sie will nicht mehr leben.

Die Geschwister von Yvonne werden krank.
Sie bekommen eine Haut-Krankheit.
Sie müssen in ein Kranken-Haus.
Da ist ihre Schwester 2 Jahre alt.
Und ihr Bruder ist 8 Jahre alt.

Die Familie wird gemeldet.
Ein Arzt untersucht die Mutter und Yvonne.
Er entscheidet:
Die Mutter hat eine seelische Erkrankung.
Sie muss in eine Anstalt.
Eine Anstalt ist ein besonderes Kranken-Haus.
Yvonne hat eine Behinderung.
Sie muss auch in eine Anstalt.
Das ist im Oktober 1944.
Da ist Yvonne 5 Jahre alt.

Yvonne und ihre Mutter kommen in die Anstalt nach Lüne-Burg.
Yvonne kommt in die Kinder-Fach-Abteilung.
Sie wird von ihrer Mutter getrennt.
Sie dürfen sich nicht besuchen.

4 Wochen später ist Yvonne tot.
Sie wird ermordet.
Sie stirbt am 26. November 1944.
Sie ist ein Opfer vom Patienten-Mord.

Ihre Mutter über-lebt.
Sie wird gesund.
Sie darf im März 1945 aus der Anstalt raus.